WERBEPAUSE: RAUCHNAZIS

Als ein des Dänischen nicht mächtiger deutscher Tourist freut man sich naturgemäß über Inschriften in der eigenen Sprache. Bei diesem Plakat, das der eigentlich extrem beliebte Rockstar Kim Larsen, 62, vor zwei Wochen in ganz Dänemark aufhängen ließ, ist die Freude jedoch ein bisschen getrübt. „Gesundheit macht frei!!!“ steht an einer stattlichen Anzahl von ansonsten angenehm werbefreien S-Bahn-Haltestellen. Das Plakat ziert ein Rauchverbotszeichen. Für einen Moment überfällt einen ein gruseliges Gefühl: Hat da jemand etwas nicht mitbekommen? Die dänische Inschrift darüber (Glückwunsch zum Rauchverbot) und darunter (Mit besten Grüßen, „die schlechte Gesellschaft“) klärt auf: Larsen zieht mit Absicht die Nazi-Karte. Schließlich, so erklärt er als Rechtfertigung für den kruden Vergleich, seien die Nazis ähnlich besessen über die Infizierung des „Volkskörpers“ gewesen. Sie waren auch die Ersten, die Rauchverbotszonen ausgerufen hätten. Das rechtfertigt seiner Meinung nach die Gleichsetzung von Befürwortern des Rauchverbots, den „Gesundheitsfaschisten“ (Larsen) und KZ-Aufsehern. Was aber noch viel gruseliger als der unselige Vergleich ist, sind die Reaktionen in Dänemark. Die meisten sehen die Geschichte gewohnt locker. Die Plakate sind weder beschmiert noch beschädigt. Es gibt sogar einen nicht geringen Anteil von Befürworter der Kampagne. Fragt man Menschen an den Haltestellen, so erklären die meisten, dass die Abwandlung des zynischen Spruchs an den Toren der Vernichtungslager der Nazis natürlich unverhältnismäßig sei, dass man sich darüber aber schon letzte Woche aufgeregt habe. JUDITH LUIG