Gerechtes Teilen will gelernt sein

Erst im Alter von sieben bis acht Jahren lernen Kinder nicht nur an sich zu denken. In diesem Alter entwickeln sie einen Sinn für Gerechtigkeit

Kleinkinder sind egoistisch. Erst im Alter von sieben, acht Jahren entwickeln sie einen Sinn für Gerechtigkeit und eine Abneigung gegen ungleiche Behandlung. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher aus der Schweiz und Deutschland in einem im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlichten Bericht.

Ernst Fehr von der Universität Zürich und seine Mitarbeiter hatten insgesamt 229 Kinder zwischen drei und acht Jahren zu einer Reihe spielerischer Experimente aufgefordert. Spieleinsatz waren die für Kinder wohl kostbarsten Güter: Süßigkeiten. Jeweils ein Kind musste nun entscheiden, wie es eine festgelegte Menge von Süßigkeiten mit einem anderen – nicht anwesenden – Kind teilte. Die jungen Versuchsteilnehmer bekamen zum Beispiel die Wahl zwei Schokolinsen für sich zu behalten und dem anderen Kind keine davon abzugeben oder die beiden Schokodrops eins zu eins untereinander zu aufzuteilen.

Die drei- bis vierjährige Kinder dachten in diesem Versuch fast ausnahmslos nur an sich selbst und behielten die Schokolinsen für sich. Erst ab einem Alter von fünf bis sechs Jahren teilten einige Kinder – etwa jedes fünfte – ihre Süßigkeiten auf. Erst mit sieben, acht Jahren teilte fast die Hälfte der Kinder die Süßigkeiten gerecht auf.

Diese Gruppe begann mehr und mehr, an andere zu denken, das zeigten auch weitere Experimente. Sie entwickelten einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und sorgten dafür, dass ihr Spielpartner nicht mehr, aber auch nicht weniger bekam als sie selbst. Vor allem wenn sie die anderen Kinder auch kannten, achteten die jungen Probanden darauf, dass diese nicht leer ausgingen.

Selbstlos an andere zu denken und bevorzugt mit Freunden oder Familienmitgliedern zu teilen seien Verhaltensweisen, die für den Menschen kennzeichnend seien, schreiben die Forscher. Schon unsere Vorfahren seien in den Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften darauf angewiesen gewesen, ihre Beute miteinander zu teilen. TAZ, DPA