IOC entspannt Koreaner nicht

PEKING taz ■ Dass die Entspannungspolitik auf der Koreanischen Halbinsel vorbei ist, zeigt sich jetzt auch bei den Olympischen Spielen. Erstmals seit 1996 sind die Teams des kommunistischen Nordens und des demokratischen Südens zur Eröffnung wieder getrennt ins Stadion eingelaufen. In Sydney 2000 und in Athen 2004 hatten beide Teams gemeinsam zu den Klängen eines Liebesliedes unter einer gemeinsamen Flagge, welche die Koreanischen Halbinsel zeigte, die Bühne betreten. Später hatten die Teams zwar getrennt ihre Wettkämpfe bestritten, aber die Zeremonie symbolisierte die politische Annäherung.

Nach einer Phase der Ernüchterung über das Regime im Norden verfolgt jetzt der neue konservative südkoreanische Präsident Lee Myung Bak einen härteren Kurs gegenüber Pjöngjang. Damit erzürnte er Nordkoreas Machthaber. Sie kündigten im März vor dem damaligen Heimspiel gegen Südkorea in der Qualifikation für die WM 2010 an, nicht die Hymne des Südens spielen zu wollen. Der Weltfußballverband Fifa verlegte darauf die Partie in die chinesische Metropole Shanghai.

So gerieten Sportfunktionäre unfreiwillig in eine Vermittlerrolle zwischen den zwei verfeindeten Staaten, die sich völkerrechtlich im Kriegszustand befinden. Der Koreakrieg war 1953 nur per Waffenstillstand, aber nicht per Friedensvertrag beendet worden. Nachdem vor sechs Wochen ein nordkoreanischer Soldat eine Touristin aus dem Süden erschoss, war ein gemeinsamer Einlauf bei Olympia ausgeschlossen, meint etwa der Reporter Ohsang Kwon von Seouls Tageszeitung Hankyoreh.

Noch vor wenigen Jahren war die Vereinigung der Sportler in einem gemeinsamen Olympiateam vorangetrieben worden. Bei den Asienspielen 2002 im südkoreanischen Busan hatten erstmals Sportler aus dem Norden antreten dürfen. Wer in Peking IOC-Vertreter nach dem koreanischen Konflikt fragt, schaut in betretene Gesichter. Laut einer Sprecherin habe sich IOC-Präsident Jacques Rogge bemüht, die Entscheidungen der Politiker auf diplomatischem Wege zu beeinflussen. „Es hat Treffen mit beiden Nationalen Olympischen Komitees gegeben“, sagt die Sprecherin, „aber die Möglichkeiten des IOC sind begrenzt.“ Stellungnahmen der Nord- und Süddelegationen waren nicht zu erhalten. RONNY BLASCHKE