Lambrusco für die Toskana-Fraktion

In der Enoteca Blanck & Weber gibt es Weine, die man schon fast vergessen hat. Jedoch keine hochgejubelten „Super-Tuscans“. Teil 5 der taz-Serie über Berliner Weinläden

Mitten im Hochsommer schwere Rotweine aus Italien zu verkaufen – das ist sicher keine leichte Aufgabe. Zumal der jüngste Weinskandal des Landes gerade einmal fünf Monate zurückliegt. Doch Werner Blanck nimmt’s gelassen. Zum einen bietet er in seiner Enoteca in der Wilmersdorfer Ludwigkirchstraße längst auch französischen Rosé und deutschen Riesling an. Zum anderen aber sagt er: „Dass die Winzer in ihren Brunello gegen das Gesetz Merlot mischten, war intern schon lange bekannt. Nun kann man offen darüber reden, warum sie es machten.“

Werner Blanck kennt die italienische Weinszene seit gut 30 Jahren. Nach Germanistikstudium und Mitarbeit in einem Taxifahrerkollektiv übernahm der Braunschweiger 1993 die Weinhandlung seines Freundes Klaus Griepenburg. Dieser hatte als einer der Ersten hochwertige italienische Weine nach Deutschland importiert. In einem Keller in der Holsteinischen Straße verkaufte er sie an die im Entstehen begriffene Toskana-Fraktion. Eine Flasche des 83er Sassicaia, dem wohl bekanntesten Wein der Toskana, kostete bereits damals 75 Mark. Inzwischen muss man für einen aktuellen Jahrgang rund 200 Euro hinlegen.

Allerdings bietet Blanck heute keinen Sassicaia mehr an. Ebenso wenig wie andere von der Presse hochgejubelte „Super-Tuscans“. Was zum einen mit den sprunghaft steigenden Preisen, vor allem aber mit ihrem immer gleichförmigeren Geschmack zusammenhängt. „Gewünscht wird heute ein dunkelfarbiger, hochkonzentrierter Wein mit wenig Säure und viel Beerenfrucht“, konstatiert Blanck und sieht darin eine der Ursachen für den Weinskandal. „Die Leute bestellen Brunello, weil sie zeigen wollen, dass sie etwas von Wein verstehen. Tatsächlich mögen sie ihn aber gar nicht, er ist ihnen zu sauer.“ Und so haben die Winzer, um dem vorherrschenden Geschmack zu entsprechen, in ihren sauren Wein ganz einfach süßen gegossen.

Anstatt teurer Super-Tuscans verkauft der 59-jährige Blanck gern Weine, die in Deutschland keinen besonders guten Ruf haben. So etwa Valpolicella, dessen Anbaugebiet „auf Kartoffeläcker“ ausgedehnt wurde und der daher an Qualität einbüßte. Von den Hügeln bei Verona kommen jedoch immer noch muntere Trinkweine, die nach Bittermandeln duften und eine erfrischende Säure haben. Schlechter noch als der Ruf des Valpolicella ist wohl nur der des Lambrusco. Ein roter, süßer, stark schäumender Wein, der in den 70er-Jahren auf keiner Party fehlte. Der Lambrusco von Corte Manzini aus Modena zeigt jedoch, was man aus der Rebsorte herausholen kann: Er hat Farbe und Duft von Holunderbeeren und eine langen weichen Abgang. Von seinen 40 Gramm Restzucker ist auf der Zunge fast nichts zu spüren. Die Süße balanciert Säure und Tannine aus und so war dieser Lambrusco den Kritikern des Gambero Rosso zwei von drei Gläsern wert.

Valpolicella und Lambrusco sind für Blanck einfache, ehrliche Weine. Überhaupt ist er der Ansicht, dass „viel zu viel Zirkus“ um Wein gemacht werde. Dieser sei auch nur ein handwerkliches Produkt – wobei viele ihr Handwerk nicht einmal beherrschen würden. „80 bis 90 Prozent der Weine sind nicht sauber gemacht“, sagt er und erzählt, wie oft er erlebt, dass faule Trauben oder Stiele mitvergoren werden.

Trotz all seiner Kritik – ab und zu kann sich Blanck für einen Wein richtig begeistern. Für den Rosato von Vie di Romans aus dem Friaul etwa, der für ihn „spielerisch und tiefgründig zugleich“ ist. Sehr präsent ist jedoch auch das Holzaroma. Neun Monate wurde der Rosé in Barriquefässern gelagert und entspricht so gar nicht den Vorstellungen vom leichten Sommerwein. Doch genau das gefällt Werner Blanck. SABINE HERRE

Der Weinladen: Enoteca Blanck & Weber, Ludwigkirchstraße 11, 10719 Berlin, U-Bahnhof Spichernstraße, www.enoteca-blanck.de, Tel.: (0 30) 88 67 99 60, Öffnungszeiten: Mo.–Fr. 11–20 Uhr, Sa. 10–16 Uhr

Das besondere Angebot: Verkostet werden können mehrere Olivenöle aus Italien. Sehr breit ist das Angebot an Bränden, so etwa Wildkirsch- und Wildpflaumenschnaps von Vittorio Capovilla aus Venetien.

Der Weintipp von Werner Blanck: 2006 Fuligni, Rosso di Montalcino, 16 Euro. „Angesichts des Weinskandals soll hier ein Wein aus der Toskana empfohlen werden, der den typischen Charakter der Produkte von Montalcino wiedergibt. Er besteht zu 100 Prozent aus Sangiovese und wurde nur in großen Holzfässern ausgebaut. Er zeigt die charakteristische Kirschfrucht und eine spürbare Säure.“

Die taz-Serie wird im Herbst in loser Folge fortgesetzt