Nah am Wasser gebaut

Kaum eine andere Stadt der Welt hat so viele Küstenkilometer zu bieten wie New York. Bei 40 Grad kann man mit der U-Bahn entspannt zum Baden im Meer fahren. Hier vergisst man die Härten des New Yorker Sommers – allen Unkenrufen zum Trotz

Museen: Museum of Modern Art (MoMA), 11 West 53rd St., www.moma.org; 1929 gegründet, zeigt die Sammlung fast alle Stile des 20. Jahrhunderts. 2006 wurde großzügig erweitert. New Museum of Contemporary Art, 235 Bowery, Ecke Prince St. www.newmuseum.org; das schmale Gebäude öffnete im Dezember 2007. Neueste Kunst. Ausgehen: South Gate, 154 Central Park South,www.jumeirahessexhouse.com; moderne amerikanische Küche im gestyltem Ambiente des Jumeirah Essex House. Direkt am Central Park. Le Pain Quotidien, 100 Grand St., btw. Mercer und Greene, www.lepainquotidien.com; Bioladen und Biorestaurant. Man sitzt an langen Tischen und platziert sich durcheinander, wie man eben Platz findet. Übernachten: Der Durchschnittspreis eines Zimmers liegt bei 300 US-$! Etwa ab 300 Dollar (200 Euro) kosten Zimmer im stylisch-modernen The Shoreham (www.shorehamhotel.com, Tel. 001.800.553.3347), in der 55. Straße gelegen. Günstiger ist es im The podhotel (www.thepodhotel.com), eher ein schickes Hostel in der 51. Straße, ab etwa 130 US-$. Ruhepole: Brooklyn Heights Promenade; U-Bahn-Linie A, F, CC (Jay St.-Borough Hall) oder 2, 3, 4, 5 (Borough Hall) Der ideale Platz für einen Sonnenuntergang in New York: Links die Freiheitsstatue, rechts die Wolkenkratzer und Piers von Manhattan. Coney Island Beach: Die Atlantikküste Brooklyns erreicht man von Manhattan nach etwa einer dreiviertel Stunde Fahrt mit den U-Bahnen B, D, F. BASCH

VON JOHANNES NOVY

„New York glüht. New York schwitzt. New York trieft und dampft. New York stinkt.“ So schrieb Klaus Mann einmal, der am New Yorker Sommer offensichtlich keinen Gefallen fand. Dass dieser gewöhnungsbedürftig ist, kann man in jedem Reiseführer nachlesen. Temperaturen um die 40 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von bis zu 90 Prozent sind keine Seltenheit. Für viele Bewohner ist die drückende Hitze Anlass, die Stadt zu verlassen und in Urlaub zu fahren. Andere schwören dagegen auf die Sommermonate. Weil das drückende Klima die Stadt entvölkert und das Tempo drosselt, geht es entspannter zu in der sonst so hektischen Metropole, während ein bunter Reigen unterschiedlicher Open-Air-Events Daheimgebliebene bei Laune hält.

Der Bryant Park in Midtown wird zum Freiluftkino, die „Central Park Summer Stage“ lockt mit Stars der lokalen und internationalen Musikszene und in Lower Manhattan wartet das „River to River Festival“ mit einem vielfältigen Unterhaltungsangebot auf. Dass in New York von einem kulturellen Sommerloch keine Rede sein kann, hat sich auch bei Touristen herumgesprochen. Weniger bekannt ist dagegen, dass New York auch für bade- und sonnenhungrige Besucher viel zu bieten hat. Kaum eine andere Stadt der Welt hat so viele Küstenkilometer zu bieten wie New York. Der Big Apple selbst verfügt über rund 22 Kilometer Strand und jenseits der Stadtgrenzen laden einige der schönsten Erholungsgebiete der amerikanischen Ostküste zum Entspannen ein. Zu ihnen zählen Sandy Hook in New Jersey, das durch eine Fähre von Manhattan zu erreichen ist, und natürlich die weitläufigen Strände von Long Island. Hier sind es vor allem der mit Bus und Bahn leicht erreichbare Jones Beach, das Gebiet der „Hamptons“ mit den namensverwandten Städten Southampton, Bridge Hampton und East Hampton sowie die vorgelagerte Barriere-Insel Fire Island, die Besucher aus New York anziehen.

Während Jones Beach mit seinen zahlreichen Einkaufs-, Ess- und Unterhaltungsmöglichkeiten eher dem Geschmack der Massen nachkommt und die Hamptons als beliebtes Ferienziel wohlhabender und prominenter New Yorker gelten, ist Fire Island als Aussteiger- und Szenedestination bekannt. Hier entstand eine der ersten größeren Gay Communities der USA, und bis heute ist die 48 Kilometer lange, aber nur wenige hundert Meter breite Insel ein bevorzugtes Ausflugsziel der New Yorker Lesben- und Schwulenszene geblieben.

Innerhalb der Stadtgrenzen New Yorks sind es vor allem die Stadtstrände in den „Outer Boroughs“, die zum Schwimmen, Faulenzen, Flanieren und manchmal sogar zum Surfen einladen. Coney Island, im Süden Brooklyns gelegen, ist vor allem wegen seiner historischen Vergnügungsanlagen bekannt. Sie gelten als Geburtsstätte des Freizeitparks moderner Prägung und waren – wenn es nach dem Architekten Rem Koolhaas geht – auch Vorbild für das moderne Manhattan: ein Ort künstlicher Erfahrung, in der die Wirklichkeit und die Natur aufhörten zu existieren.

Heimweh nach New York lösen schon die ersten Takes des Reise-Hörbuchs von Geophon aus. Das Hintergrundrauschen der Stadt begleitet die akustische Reise zwischen East Village und Central Park. Man hört den Slang der New Yorker, dieser wird übersetzt, es gibt Tipps, manchmal nicht ganz neu, denen man dennoch folgen sollte, etwa die Fahrt mit der Staten Island Ferry, wegen des „atemberaubenden Anblicks von Manhattan“. Die Kapitel sind mit leichtem Jazz unterlegt, führen von Lower Manhattan nach Chinatown, weiter in Szeneviertel, die Galerien von SoHo, mit Abstecher in die Bronx und in den Central Park. Eingefügt ist eine Geschichte von Tanja Dückers, die amüsante Trödelmarkt-Odyssee liest die Autorin. Das Hörbuch gibt es auch auf Englisch, in weit langsamerem Tonfall gesprochen, als ein New Yorker fürs Reden Zeit hat. „You don’t get lost in Manhattan“, sagt einer, das bezieht sich auf das übersichtliche Straßengeviert. Aber man kann sich verlieren in der Stadt.

Geophon New York, Hörbuch-CD, 14,90 €. Auch in Englisch. Hörproben auf www.geophon.de

Zur Zeit des Romans „Washington Square“ war der Platz noch nicht das Zentrum des Szeneviertels Greenwich Village, sondern Hort des großbürgerlichen Milieus. Henry James, 1843 in New York geboren, erzählt eine Geschichte aus dieser Welt. Der Plot: Wenig attraktive Tochter verliebt sich in flotten jungen Mann, der Vater hält ihn für einen Mitgiftjäger und macht allen das Leben schwer. Den amerikanischen Meilenstein der Literatur liest Gert Westphal, mit feiner Ironie in der Stimme dröselt er die Geschichte auf, sodass man den ellenlangen Sätzen gerne in alle Verästelungen folgt.

Henry James: „Washington Square“. Gelesen von Gert Westphal, 7 CDs, 29,99 €

Richard Yates zählt zu den wichtigsten amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts, 1961 erschien sein Roman „Zeiten des Aufruhrs“. Er erzählt von Frank und April Wheeler, einem jungen Paar in den USA der 1950er-Jahre. Sie leben dort, wo New York nicht glamourös ist und auch nicht wild: in den Suburbs. Kleines Häuschen, Kinder, Vorstadtidylle. Doch das Leben ist nicht so. „Zeiten des Aufruhrs“ wird derzeit mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio verfilmt, dieses Hörbuch liest Christian Brückner – die amerikanischste aller deutschen Stimmen. Der Synchronsprecher von Robert De Niro liest mit rauer Stimme vom Scheitern eines Lebensentwurfs.

Richard Yates: „Zeiten des Aufruhrs“. Gelesen von Christian Brückner. 5 CDs, 29,20 €

BARBARA SCHAEFER

Heute präsentieren sich weite Teile von Coney Island in einem desolaten Zustand, aber für viele Besucher ist es gerade die eigentümliche Mischung aus prallem Leben und Verfall, die den ehemaligen Vorreiter moderner Freizeit- und Amüsierkultur sehenswert macht. Während Coney Island vor allem an den Wochenenden der offiziellen Badesaison vom 27. Mai bis zum 4. September von Menschenmassen regelrecht überschwemmt wird, geht es im benachbarten Brighton Beach beschaulicher zu. In dem über eine mit Holzbohlen ausgelegte Uferpromenade, den sogenannten Boardwalk, leicht zu erreichenden Viertel haben sich in den letzten Jahrzehnten vor allem Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion niedergelassen. Weil Brighton Beach seit geraumer Zeit verstärkt ins Visier von Spekulanten geraten ist und Stadtteile ethnischer Konzentration im New Yorker Stadtentwicklungskontext ohnehin nur in den seltensten Fällen auf Dauer existieren, zeichnet sich allerdings ab, dass die als „Odessa by the Sea“ bekannte Enklave ihren Platz am Ufer des Atlantiks nicht auf ewig wird halten können. Die attraktive Wohnlage hat sich herumgesprochen.

Ständiger Wandel ist auch eine der wenigen Konstanten der schräg gegenüber von Brighton Beach gelegenen Halbinsel Rockaway, die zum Stadtteil Queens gehört. Neureiche Bungalowsiedlungen und triste Hochhaussiedlungen liegen hier nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Sie führen Besuchern die wechselhafte Geschichte dieser Gegend vor Augen. Wirklich sehenswert sind einzelne Abschnitte des 18 Kilometer langen Strandes der Landzunge, wie etwa der Jacob Riis National Park. Er wurde wie der bereits erwähnte Jones Beach von Robert Moses errichtet, der New York im frühen 20. Jahrhundert als Bau- und Planungsbeauftragter mit ebenso wegweisenden wie umstrittenen Infrastrukturprojekten in die städtebauliche Moderne führte.

Ähnlich wie der ebenfalls von Moses geplante und manchmal als „Riviera der Bronx“ bezeichnete Orchard Beach lässt sich auch der Jacob Riis National Park mit öffentlichen Verkehrsmitteln relativ problemlos erreichen. Seit Anfang Mai steuern sogar von der Stadt gesponserte Wassertaxis den Strand von Manhattan aus an.