Ein Rockefeller mit vielen Gesichtern

Clark Rockefeller, 48, hat nach der Entführung seiner Tochter eingeräumt, mit wechselnden Identitäten unterwegs gewesen zu sein. Nur Christian Karl G. aus Bayern will er nie gewesen sein. FOTO: AP

Clark Rockefeller lebte mehr als nur ein Leben. In den vergangenen Jahren tauchte er als Crowe, Chichester und Rockefeller immer wieder auf. Am 27. Juli entführte Clark Rockefeller, angeblicher Cousin des Rockefeller-Erben William, seine Tochter in Boston. Das brachte die US-Polizei auf seine Spur.

Tatsächlich wurde er wohl als Christian Karl G. geboren, der mit 17 Jahren Siegsdorf in Bayern verließ und als Austauschschüler in die USA ging, wie der Boston Herald herausfand. Dort lebte er zunächst bei der Familie Savio in Connecticut und heiratete 1981, was ihm eine Aufenthaltserlaubnis bescherte. Einen Tag nach der Hochzeit verschwand er spurlos. Später tauchte er als Gast des Ehepaars Sohus im kalifornischen San Marino auf – als Christopher Chichester. 1985 verschwand das Ehepaar Sohus spurlos, ebenso wie ihr Gast. Das FBI vermutete Mord, doch die Fahndung nach dem Untermieter der Sohus blieb erfolglos. 1988 versuchte ein Christopher Crowe in Connecticut einen Pick-up zu verkaufen, dessen letzter Besitzer Jonathan Sohus war. 1994 entdeckte man auf dem Grundstück der Sohus drei Plastiksäcke, in denen Leichenteile gefunden wurden, die bis heute nicht identifiziert werden konnten. Ein Clark Rockefeller, der mal als Arzt, mal als Investmentbanker auftrat, heiratete 1995 Sandra B., eine Tochter aus gutem Hause. Aus dieser inzwischen geschiedenen Ehe stammt die kurzzeitig entführte Tochter Reigh.

Nach seiner Festnahme in Baltimore, Maryland am 2. August erklärte Rockefeller, er könne sich an die Zeit vor 1993 nicht erinnern. Sein Rechtsanwalt Stephen Hrones gab an, Rockefeller spreche zwar Deutsch, sei aber seines Wissens nie in Deutschland gewesen und habe dort auch keine Familie. Er bestehe weiter darauf, Clark Rockefeller zu sein.

Doch jetzt ist das Lügengebäude zusammengebrochen. Zuerst ermittelte die Polizei, dass die Fingerabdrücke auf einer Führerscheinkopie von Chichester mit denen von Rockefeller übereinstimmen. Sein früherer Gastvater Steve Savio hatte zudem Christof Karl G. auf dem in den Medien kursierenden Foto erkannt, ebenso sein Bruder und seine Mutter in Bayern.

Anwalt Hrones gab daraufhin bekannt, dass Clark Rockefeller sich nun zu seinen verschiedenen Identitäten bekenne. Den Namen Christopher Chichester nutzte er, da er sich als Künstlername eignete, um eine Schauspielkarriere in Hollywood zu starten. Christopher Crowe nannte er sich, als er den Banker an der Wall Street mimte. Allerdings bestreitet er nach wie vor, etwas mit dem Verschwinden des Ehepaars Sohus zu tun zu haben. Es scheint, als wären die Tage als Rockefeller gezählt. VERENA MEISSNER