Proteste verhindert

Ob mit Antrag oder ohne: Pekings Behörden dulden überhaupt keine Demonstranten und gehen dabei auch gegen Journalisten vor, die über Proteste berichten wollen

Wieder sind in Peking mehrere Menschen durch Festnahmen daran gehindert worden, gegen die Politik der chinesischen Regierung zu protestieren. Vorübergehend festgenommen wurde dabei auch ein britischer Journalist, der darüber berichten wollte. Zudem sind zwei Chinesen verschwunden, die eine Genehmigung für einen Demonstration in einer der drei offiziell dafür vorgesehenen Parks anmelden wollten.

Am Mittwochmorgen wollten zwei amerikanische Aktivisten der Gruppe „Students for a free Tibet“ am Eingang zum Park für Minderheitenkultur in der südlichen Umgebung des Olympiageländes Transparente entrollen. Fünf bis sechs weitere Demonstranten, darunter eine Tibeterin mit japanischer Staatsangehörigkeit, wollten sich dort anketten. Doch sofort griffen Polizisten ein. Seitdem sind die Demonstranten nach Angaben der Organisation verschwunden. In ähnlichen Fällen in den letzten Tagen wurden die Demonstranten nach Verhören umgehend abgeschoben.

Der britische Journalist John Ray von Independent Television News (ITN), der für die Olympischen Spiele akkreditiert ist und den Protest filmen wollte, wurde, wie in einem von der BBC ausgestrahlten Film zu sehen ist, von Polizisten in Zivil und Uniform in ein Fahrzeug gezerrt und vorübergehend festgenommen. Er wies vergebens auf seine Akkreditierung hin. Ray wurde bald wieder freigelassen, doch seine Ausrüstung blieb konfisziert.

Die Regierung in Peking hatte mehrfach eine freie Berichterstattung über die Spiele zugesagt, dies nach einhelliger Meinung von Journalistenorganisationen bisher nicht eingehalten. Das Internationale Olympische Komitee (IOC), das die zugesagte Medienfreiheit bisher nur halbherzig einforderte, versprach gestern den Fall zu prüfen. Es erklärte in einer Stellungnahme: „Die Position des IOC ist klar: Die Medien müssen frei über die Olympischen Spiele berichten können.“ Der Club der Auslandskorrespondenten in Peking protestierte und verlangte eine Untersuchung.

Beunruhigen muss auch der Fall des Bergbauunternehmers Tang Xuecheng (44) aus Henan und seines Freundes Ji Sizun (58), einem Menschenrechtsaktivisten aus Fujian. Die beiden hatten letzte Woche bei der Pekinger Polizeiwache eine Genehmigung für eine Demonstration in einem der drei dafür vorgesehenen öffentlichen Parks beantragen wollen. Sie wollten gegen Korruption und Amtsmissbrauch und für mehr Mitspracherechte der Bevölkerung demonstrieren. Tang wurde schon auf dem Weg zur Wache festgenommen, doch konnte er noch telefonisch Ji warnen. Als Tang einige Tage später immer noch nicht wieder aufgetaucht war, lud Ji ausländische Journalisten ein, um ihn auf die Wache zu begleiten. Dort wollten die Beamten weder die Festnahme seines Freundes bestätigen noch sich seiner Beschwerde oder des Antrags für die Demo annehmen. Dies berichtete die Washington Post am Dienstag auf ihrer Webseite. Mitarbeiter des Blattes hatten Ji begleitet und den Fall mit einer Videokamera gefilmt. Dabei wurden sie selbst von der Polizei bedrängt und von Ji getrennt.

An Montag ging Ji laut Human Rights Watch erneut zu der Wache und wurde zwei Stunden später in einem Auto mit getönten Scheiben weggebracht, wie Zeugen der Menschenrechtsorganisation berichteten. Seitdem ist er verschwunden. Am Mittwoch schlug die Organisation Alarm. Sie weist auch auf den Fall Ge Yifei. Die Ärztin aus Suzhou wollte ebenfalls in Peking eine Demonstration wegen eines Konfliktes um Land anmelden. Doch wurde sie zunächst festgehalten und danach gewaltsam wieder von Sicherheitsbeamten nach Suzhou zurückgebracht.

Sven Hansen