Zensur in Peking greift

Keine Berichte über manipuliertes Kinderlied

PEKING/BERLIN afp/dpa/taz ■ In chinesischen Medien fehlten am Mittwoch sämtliche Berichte darüber, dass das bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele am Freitag aufgetretene neunjährige Mädchen Lin Mioke das Lied „Ode an das Vaterland“ nicht selbst gesungen hatte, sondern nur die Lippen bewegte. Stattdessen sang die siebenjährige Yang Peiyi, deren Äußeres die Organisatoren der Feier als nicht ansprechend genug empfunden hatten.

Dies hatte das Organisationskomitee Bocog am Dienstag offiziell eingeräumt. Yang ist etwas dicklicher als Lin und hat schiefe Zähne. Die Auswahl der Mädchen wurde gestern vom Bocog verteidigt. „Ich sehe da kein Problem,“ sagte Bocog-Vizechef Wang Wei. Nach seinen Angaben ist die Entscheidung gefallen, nachdem das Politbüro einer Probe beigewohnt hatte. Zeitungen wie Sender berichteten jedoch nicht über den Fall. Im Internet wurden entsprechende Beiträge gelöscht. Fotos mit der anmutigen Lin in einem roten Kleid hatten am Tag nach der Eröffnung viele Medien abgedruckt. Die offizielle englischsprachige Zeitung China Daily bezeichnete sie als künftigen Star.

Die in Hongkong erscheinende South China Morning Post hatte am Dienstag unter Berufung auf chinesische Journalisten berichtet, es gebe für diese Journalisten eine 21-Punkte-Anweisung über Tabuthemen, über die nicht berichtet werden dürften. Diese reichten von der Sitzanordnung der bei der Eröffnung anwesenden Staats- und Regierungschefs bis zur Frage der Sicherheit von Lebensmitteln. Auch dürfte bei Sportlern die Hautfarbe nicht genannt werden. Wang Wei vom Organisationskomitee bestritt gestern, dass es entsprechende Anweisungen gebe.