Wer spielt, kann bespitzelt werden

Spiele im Internet ermöglichen Einblick in die Gewohnheiten der Nutzer, klagen deutsche Datenschützer. Erstmals untersucht eine Studie, was Nutzer beim Online-Spielen über sich preisgeben. Nun bitten die Forscher die Internetgemeinde um Mithilfe

VON NINA ERNST

Spielen im Internet boomt. Ob „World of Warcraft“, „Guild Wars“ oder „Der Herr der Ringe“ – zunehmend bereisen Menschen lieber mit Gleichgesinnten virtuelle Welten, statt alleine zu spielen. Trotz ausgedachter Namen und virtueller Stellvertreter bleibt nicht jeder in den Onlinewelten so anonym, wie er glaubt.

Viele Nutzer wissen nicht, dass sie beim Spielen im Internet Daten über sich preisgeben. Deshalb hat das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein vor einem Jahr das Projekt „DOS – Datenschutz in Online-Spielen“ gestartet, das vom Bundesbildungsministerium gefördert wird: Eine Studie untersucht erstmals in Deutschland wissenschaftlich, welche datenschutzrechtlichen Probleme Internetspiele mit sich bringen. Die Studie soll sowohl Herstellern als auch Spielern Tipps zum sensibleren Umgang mit Daten geben.

In einem ersten Schritt haben die Forscher Informationen über aktuelle Spiele gesammelt. Nun wird zur Mithilfe aufgerufen. Unter www.datenschutzzentrum.de/dos/umfrage/ können Interessierte an einer etwa fünf- bis zehnminütigen Umfrage teilnehmen. Die soll bis zum Jahresende zeigen, welche Datenschutzthemen Spielern besonders wichtig sind.

Dass das Thema von Interesse ist, steht fest: Bereits in den ersten vier Stunden nach dem Aufruf beteiligten sich rund 580 Personen an der Umfrage. Im Visier der Studie stehen weniger Online-Games wie Tetris oder Schach. Vor allem umfangreiche Internetabenteuer, die ständig Daten übertragen, um zum Beispiel das Chatten zu ermöglichen, werden untersucht. Fast alle dieser Spiele haben nach Einschätzung des Datenschutzzentrums in Schleswig-Holstein Datenschutzmängel.

„Auf manchen Webseiten stehen die Geschäftsbedingungen nur in englischer Sprache und sie sind zudem sehr klein dargestellt“, sagt Henry Krasemann vom Datenschutzzentrum. Er hatte die Idee zu dem Projekt, da er selber online spielt und sich irgendwann gefragt hat, was mit seinen Daten geschieht: „Manchmal geben die Anbieter nur vage Informationen darüber, was mit den Daten passiert.“ So können Programme, die das Schummeln verhindern sollen, während des Spielens unbemerkt Screenshots erstellen, also das abspeichern, was gerade auf dem Bildschirm zu sehen ist. Krasemann findet, dass diese Zusatz-Software grundsätzlich ihre Berechtigung hat. Allerdings möchte er, dass die Spieler besser darüber aufgeklärt werden, dass und wovon Bildschirmfotos gemacht werden – beispielsweise ob auch die Finanzen ausspioniert werden, wenn man beim Zocken nebenbei Online-Banking betreibt.

Der zweite große Aspekt der Studie sind die Community-Funktionen, die zur Kontaktpflege der Spieler dienen. Bei einigen Onlinediensten können die Nutzer sehen, wann ein Spieler welche Games spielt, sobald sie dessen Benutzernamen kennen. „Stellen Sie sich vor, jemand bewirbt sich bei einer pazifistisch orientierten Organisation und die sehen, dass man gerne Shooter spielt. Oder der Chef sieht, dass jemand zu Hause spielt, obwohl er offiziell krank im Bett liegt“, führt Krasemann auf. Zwar kann jeder diese Funktionen abschalten. Dazu muss man aber wissen, dass sie existieren.

„Ziel unserer Arbeit ist es nicht, die Anbieter anzuprangern“, sagt Krasemann. Sein Datenschutzzentrum will Verhaltensrichtlinien für die Hersteller erstellen. Neue Gesetze seien überflüssig, da schon genügend existierten, die dem Verbraucher das anonyme Spielen im Internet garantieren sollen. Die durch die Studie gewonnenen Erkenntnisse sollen künftig in die Spieleentwicklung einfließen. „Wir wollen, dass die Spiele besser werden“, sagt Krasemann. Die Ergebnisse sollen im September 2009 veröffentlicht werden.