Australische Medaillenhoffnungen

Der australische Rohstoffkonzern BHP Billiton liefert kostenlos Gold-, Silber- und Bronzemedaillen nach Peking. Das Unternehmen erhofft sich damit leichteren Zugang zum lukrativen chinesischen Markt. Die Menschenrechte spielen keine Rolle

AUS PEKING UND MELBOURNE PETRA HANNEN

Luis Sánchez Rodríguez strahlt. „Wie sind alle unglaublich stolz.“ Der Manager der chilenischen Mine Escondida hält eine Hand voll Gestein in die Höhe. „Die Medaillenzeremonien sind die wichtigsten und emotionalsten Momente der Olympischen Spiele. In Peking wird das Metall vieler Medaillen aus dieser Erde kommen, in der wir jeden Tag arbeiten. Das ist sehr aufregend.“

Die Mine Escondida gehört dem australischen Konzern BHP Billiton. Das größte Bergbauunternehmen der Welt ist seit 2005 offizieller Sponsor der Olympischen Spiele in Peking. Zu diesem Sponsoringpaket gehört finanzielle Unterstützung für die Olympischen und die Paralympischen Spiele, für das Chinesische Olympische Komitee und das chinesische Team. Hinzu kommt eine kleine, feine Sachspende: die Medaillen.

6.000 Gold-, Silber- und Bronzemedaillen werden bei den Spielen in Peking verliehen, außerdem erhalten alle 51.000 Teilnehmer eine Erinnerungsmünze aus Bronze. Alle dafür notwendigen Metalle hat BHP Billiton in eigenen Minen gefördert: 13,4 Kilogramm Gold und 6.930 Kilogramm Kupfer in den chilenischen Förderstätten Escondida und Spence, 1.340 Kilogramm Silber im australischen Cannington. Aktueller Marktwert der Metalle: 550.000 US-Dollar.

Wie groß die finanzielle Unterstützung für Peking insgesamt ist, verrät BHP Billiton nicht. Auch Aktionäre und Analysten interessiert die Summe nicht, immerhin machte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2006/07 einen Umsatz von 47,5 Milliarden US-Dollar – und 13,7 Milliarden US-Dollar Gewinn. „Das Sponsoring ist eine einmalige Gelegenheit, unsere langjährige Verbindung mit China zu verstärken“, begründet Clinton Dines, China-Chef von BHP Billiton, das Engagement. Diese geschäftlichen Verbindungen sind extrem wertvoll, wie Konzernchef Marius Kloppers betont. „Chinas Wachstum wird den Kurs der Weltwirtschaft in den nächsten Jahrzehnten bestimmen. Für dieses Wachstum ist China auf Rohstoffe angewiesen. Daher steht BHP im Epizentrum dieses Wachstums.“ Dabei zu sein ist da nicht alles, wichtiger ist das olympische Motto „höher, schneller, weiter“: Rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes macht der Konzern inzwischen mit China, Tendenz steigend – als 2005 das Sponsoring vereinbart wurde, waren es noch 12,5 Prozent.

Dass BHP Billiton diese Geschäfte im Epizentrum eines undemokratischen Systems macht, lässt die Verantwortlichen kalt. Themen wie Tibet oder Darfur werden grundsätzlich nicht kommentiert, schon gar nicht die Situation in China selbst. Anders als andere Olympia-Sponsoren, die aus Marketinggründen auf ihr Image bei den Konsumenten achten müssen, sind für BHP Billiton gute Kontakte zu den Mächtigen im Land entscheidender als die öffentliche Meinung – politische Stellungnahmen oder gar der Versuch, Einfluss auszuüben, können da nur schaden. Dabei sieht die Selbstverpflichtung des Konzerns anders aus: BHP Billiton behauptet, bei allen Unternehmungen weltweit die Menschenrechte zu fördern und zu wahren, und ist 2003 der UN-Initiative Global Compact beigetreten, die Prinzipien für verantwortliches unternehmerisches Handeln umfasst.

Auch Luis Sánchez Rodríguez spricht nur über Emotionen, nicht über Politik. Dabei hat Escondida eine kämpferische Belegschaft, die 2006 ganze 25 Tage erfolgreich für bessere Arbeitsbedingungen streikte. Aber Rodríguez weiß: Auch nach den Olympischen Spielen werden die wichtigsten Abnehmer für die in Escondida geförderten Metalle in China sein.