heute in bremen
: „Der Betrachter ist wichtig“

Die Kunstführung „Blick und Gegenblick“ setzt Werk und Betrachter in Dialog

taz: Die Führung, die Sie anbieten, hat den Untertitel „Vom Beobachten des Beobachtens“. Was gibt es zu beobachten?

Meike Günther, Kunstvermittlerin im Neuen Museum Weserburg: Einerseits werden wir uns Werke ansehen, die das Thema „Beobachten“ konkret aufgreifen und darstellen. Andererseits soll es darum gehen, wie die Betrachter durch ihre Beobachtung in das Werk mit einbezogen werden.

Wie kann man sich das vorstellen?

Die Grundidee ist, dass der Künstler sich von vornherein überlegt, wie sein Werk auf die Betrachter wirken könnte, und die Komposition des Werkes danach ausrichtet. Dabei bleiben aber auch Leerstellen. Ein Beispiel dafür wäre das Bild „Essay of Voyeurism“ von Helmut Newton. Es zeigt drei Frauen, die in verschiedene Richtungen blicken. Bei dem Bild bleibt die Geschichte offen. Der Betrachter füllt diese Leerstelle, indem er selbst die Geschichte dazu denkt. Das Werk wird damit erst unter den Augen der Betrachter vollendet.

Aber damit setzt der Künstler eine bestimmte Wirkung auf sein Publikum voraus – ist diese nicht ganz individuell?

Es gibt schon eine bestimmte Formensprache, die ein Künstler verwenden kann, wenn er etwas bestimmtes ausdrücken will. Da denkt jeder Betrachter doch ungefähr in dieselbe Richtung.

Was möchten Sie den Teilnehmern Ihrer Führung vermitteln?

Mir ist wichtig, dass die Betrachter merken, dass sie wichtig sind. Dazu braucht man keinen theoretischen Überbau, jeder bringt eine Menge mit, was beim Entschlüsseln der Werke hilft. Man sollte mehr Vertrauen in die eigenen Sichtweisen haben.

Interview: Annabel Trautwein

Führung: 19 Uhr, Weserburg