KUNSTRUNDGANG
: Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Psychedelische Effekte scheinen momentan Konjunktur zu haben. Vielleicht flankiert das die momentane Wiederkehr der Schlaghose, vielleicht ist es aber auch nur der Versuch, den taumelnden Wahnsinn des Kunstbetriebs wenigstens halbwegs adäquat abzubilden. In den Räumen von Atle Gerhardsen hat Jim Lambie den Boden mit wirren und repetitiven Schwarz-Weiß-Mustern beklebt – und zwar so lange und so akkurat, dass man das Gefühl bekommt, ihn unter den Füßen zu verlieren. In dieses Meer aus Vinylklebestreifen stellt er dann eine Reihe von Objekten, die alle ihren Einfluss aus der Popkultur nicht verleugnen können. Am auffälligsten sind dabei die stolpersteinartigen Betonquader, aus deren Vorderseite Schallplattenrücken ragen, oder die mit ornamentalen Blumenmustern beklebten Popstarplakate. Alles locker, alles leicht und beschwingt – hier also eher die Schlaghose. Anders Gunilla Klingberg bei Nordenhake. Sie widmet sich in ihrer Installation aus spiegelnden Werbebuchstaben, Mondlandungsreferenzen, indianischen Dreamcatchern und einer ausladenden Baugerüstinstallation, die sie mit repetitiv beklebten Bändern umspannt hat, der privatwirtschaftlichen Landnahme des Mondes zum Zweck des Rohstoffabbaus. Kapitalismuskritik, schön! Globalisierungskritik, die auf den Mond ausgedehnt wird, gut! – Endlich mal einen Schritt weiter gedacht. Der Weg auf den Boden der Tatsachen ist dann aber – anders als bei Lambie – kürzer als angenommen, wenn man erfährt, dass hier beinahe eine 1:1-Übertragung einer Arbeit für die letztjährige Istanbul-Biennale stattgefunden hat. Und so verheddert sich diese eigentlich interessante Ausstellung – nimmt man die Thematisierung der Selbstreferenz in einem geschlossenen global-kapitalistischen Raum ernst – in den Verwertungszyklen eines umfassenden gewordenen Kunstmarktes.

Jim Lambie, „Rowche Rumble“: bis September, Di–Sa 11–18 Uhr, c/o Atle Gerhardsen, Holzmarktstr. 15–18 Gunilla Klingberg, „Cosmic Matters“: bis 26. Juli, Di–Sa 11–18 Uhr, Galerie Nordenhake, Lindenstr. 35