Charmante Dame ohne Schmusekurs

Vor sieben Jahren zog Uwe Loos den Kürzeren: Sein Unternehmen, die FAG Kugelfischer, wurde nach fünfwöchigem Übernahmekampf von der INA Schaeffler KG geschluckt, einem bis dato relativ unbekannten Familienunternehmen. An dessen Spitze verhandelte die Inhaberin selbst, Maria-Elisabeth Schaeffler. Loos ist nicht nachtragend, jedenfalls nicht persönlich. Und nicht nur bei ihm hatte sich die Branchenfremde mit dem Coup Respekt verschafft: Den Arbeitnehmern sicherte sie zu, betriebsbedingte Kündigungen für die ersten drei Jahre auszuschließen. „Eine charmante Dame mit großer Ausstrahlung“, beschreibt Loos die Firmenchefin heute.

Die Kugelfischer-Übernahme bezeichnete Opernliebhaberin Schaeffler damals als „Operation Mozart“. Jetzt geht sie als „listige Witwe“ (Manager Magazin) in die Vollen: Sie will den Autozulieferer Continental kaufen. Was treibt die 67-Jährige, die 2004 zur Familienunternehmerin des Jahres gekürt wurde? Das Finanzielle dürfte sie kaum reizen. In der Liste der reichsten Deutschen nimmt sie gemeinsam mit ihrem Sohn Georg den siebten Rang ein, ihr Gesamtvermögen wird auf 5,4 Milliarden Euro taxiert.

Vielleicht ist es eher das Streben nach Erfolg und Macht. Das würde in ihre Familientradition passen. Ihr Urgroßvater war an der Gründung von Skoda beteiligt, der Vater stieg im Zweiten Weltkrieg zum Generaldirektor der Ersten Allgemeinen Versicherung auf.

Die in Prag geborene Maria-Elisabeth tanzt zunächst leidenschaftlich, beginnt dann aber mit gleichem Ehrgeiz Medizin zu studieren. 1963 begegnet sie dem Fabrikanten Georg Schaeffler, bricht das Studium ab und taucht in den Konzern ein. Nach dem Tod ihres Mannes 1996 führt sie das Familienunternehmen in Herzogenaurach weiter. Mit Jürgen Geißinger holt sie sich Verstärkung ins Haus. Der promovierte Maschinenbauer ist bis heute fürs Operative zuständig, während Schaeffler die Strippen zieht. Im Manager Magazin zählt sie zu den „unnahbaren Köpfen der Wirtschaft“. Weder gibt sie gern Interviews, noch drängt sie sich in Talkshows.

Dabei hat sie Dutzende Auszeichnungen bekommen: die Ehrenbürgerwürde der deutschen Städte Höchstadt an der Aisch und Herzogenaurach, der koreanischen Provinz Jeollabuk, der chinesischen Stadt Taicang. Den Bayerischen Verdienstorden, das Verdienstkreuz am Band der Bundesrepublik, das Bundesverdienstkreuz I. Klasse.

Erste Flecken auf Schaefflers Weste könnten auftauchen, sollte sie Continental zerschlagen. Möglich ist das. „Mit einem Schmusekurs kommt man nicht weiter“, hat sie einmal gesagt. SEBASTIAN KEMNITZER