„Nummer nicht bekannt“ kostet 10.000 Euro

Unternehmen, die ihre Rufnummern unterdrücken, sollen bald Bußgeld zahlen. Damit will die Politik die Bürger besser vor Werbeanrufen schützen. Daraus resultierende Verträge sind aber gültig – zum Ärger der Verbraucherzentralen

BERLIN taz ■ So schnell kann es gehen: Ein Anruf am Vormittag, eine Stimme verspricht sagenhaft günstige Telefontarife und redet einen schwindelig. Es erscheint keine Rückrufnummer, so dass man auch keine zweite Chance für ein deutliches Nein bekommt. Einige Tage später steckt ein gültiger Vertrag im Briefkasten, Kündigungsfrist: 14 Tage zum nächsten Quartal. Im ungünstigsten Fall also mehr als drei Monate. Verbraucher sollen künftig besser vor untergeschobenen Verträgen und unerwünschten Anrufen geschützt werden.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat am Wochenende in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur angekündigt, dass die Bundesregierung bis Ende Juli einen entsprechenden Gesetzentwurf beschließen will. Demnach sollen alle Verträge, die am Telefon geschlossen wurden, innerhalb von mindestens zwei Wochen widerrufen werden können. Bisher gelten Ausnahmen für Zeitschriftenabonnements und Lottoverträge. Unternehmen, die telefonisch Produkte vertreiben oder dafür werben, sollen außerdem verpflichtet werden, ihre Rufnummer anzuzeigen. Verstoßen sie dagegen, müssen sie bis zu 10.000 Euro bezahlen. Dabei sind laut Zypries auch die Bürger gefragt – sie sollen unbekannte Anrufer ins Gespräch verwickeln und herausfinden, für welche Unternehmen sie anrufen.

Im Vergleich zu diesen arbeitet die Politik bedächtiger. Die Beamten des Justizministeriums hatten bereits im letzten Jahr einen Entwurf erarbeitet. Die Abstimmung mit dem Verbraucherschutzministerium und die rechtliche Feinjustierung zogen sich jedoch in die Länge. Inhaltlich sei nun jedoch alles geklärt, bestätigte eine Sprecherin des Justizministeriums der taz.

Anrufe gegen den Willen des Angerufenen sind bereits seit vier Jahren verboten. Paradoxerweise sind aber Verträge, die aus solchen Anrufen resultieren, gültig. Insofern gibt es einen Anreiz für Unternehmen, Menschen per Anruf Verträge aufzuschwatzen. Laut einer Forsa-Umfrage vom August 2007 fühlen sich 86 Prozent der Bürger durch solche unaufgeforderten Werbeanrufe belästigt.

Um die Abschreckung zu erhöhen, sollen Unternehmen, die Menschen ohne Einwilligung anrufen, bis zu 50.000 Euro Bußgeld zahlen. In Werbeanrufe einzuwilligen, heißt etwa, dass man irgendwann einmal angekreuzt hat, über neue Produkte telefonisch informiert zu werden.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert, dass Verträge aus illegaler Telefonwerbung automatisch ungültig sein sollen oder zumindest schriftlich bestätigt werden müssen. Justizministerin Zypries hat jedoch Bedenken. Dann müsste jede telefonisch bestellte Pizza schriftlich bestätigt werden, sagte sie. Bei langfristigen Verträgen, wie beim Wechsel des Telefon- oder Stromanbieters, sollen Kunden jedoch zuvor schriftlich bestätigen, dass sie ihren bisherigen Vertrag kündigen.

Nach dem Jahresbericht der Verbraucherorganisation belegen unlautere Anrufe aus der Telekommunikationsbranche den ersten Platz, gefolgt von Lotterien und Gewinnspielfirmen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen geht schon seit einigen Jahren rechtlich gegen aggressive Telefonwerbung vor. In 79 Verfahren hatten die Verbraucherschützer Erfolg. 3-mal verhängte ein Gericht Ordnungsgelder in Höhe von insgesamt 60.000 Euro – jedes Mal gegen die Deutsche Telekom AG.ANNA LEHMANN