Vor ihm kam nur noch der Papst

Der einflussreiche polnische Politiker Bronisław Geremek kam am Sonntag bei einem Autounfall ums Leben

WARSCHAU taz ■ Der EU-Parlamentarier Bronisław Geremek ist auf dem Weg zur deutschen Grenze am Sonntagmittag bei einem Autounfall gestorben. Der Mercedes, in dem Geremek mitfuhr, kam aus ungeklärter Ursache auf die Gegenfahrbahn und prallte gegen einen Bus.

Gleich nach Bekanntwerdung des Unglücks beherrschte sein Ableben die polnischen Medien. „Einen großen Verlust“ beklagte auch der polnischen Staatspräsident Lech Kaczyński, der in den letzten Jahren sein politischer Gegner war.

Geremek, der 1932 als Sohn Warschauer Rabbiner geboren wurde, verlor seine Eltern im Holocaust. Wie viele polnischen Intellektuelle engagierte er sich anfangs für den Kommunismus und wandte sich später der Opposition, der Gewerkschaft Solidarność, zu, die er ab 1980 beriet. Er gilt als einer der wichtigen Architekten des runden Tischs, der den friedlichen Übergang vom sozialistischen Einparteienstaat zur Demokratie möglich machte. Er gründete 1990 die liberale Partei Freiheitsunion mit, die sich 2005 zur „Demokratischen Partei“ umwandelte. Von 2004 bis zum seinem Tod war er deren Europa-Abgeordneter.

Durch seine Rolle am runden Tisch war der liberale Politiker Angriffsziel der Rechtskonservativen, die sich eine schärfere Abrechnung mit den Kommunisten wünschten. Mit der Kaczyńksi-Regierung lag er im Dauerstreit.

Geremek, der von 1997 bis 2000 Außenminister war, galt als internationales Aushängeschild Polens und glaubwürdiger Vertreter eines europäisch orientierten Polens.

„Neben dem Papst hatte er am meisten Einfluss auf internationaler Ebene“, so Jacek Żakowski, Journalist des Nachrichtenmagazins „Polityka“ am Sonntag.

JENS MATTERN