Staatsanwalt fordert 13 Jahre Haft

Im Prozess um den Tod der fünfjährigen Lea-Sophie plädiert die Staatsanwaltschaft Schwerin auf Mord durch unterlassene Hilfeleistung. Die Verteidigung plädiert auf Totschlag und fordert acht Jahre Haft für die Eltern

Im Prozess gegen die Eltern der fünfjährigen Lea-Sophie, die an Unterernährung starb, sind am Donnerstag die Plädoyers gehalten worden. Vor dem Landgericht Schwerin forderte der Staatsanwalt Jörg Seifert dreizehn Jahre Haft für beide Angeklagten wegen Mordes durch Unterlassen. In seinem fast zweistündigen Schlusswort machte er ausdrücklich keinen Unterschied zwischen der Mutter Nicole G., die das Sorgerecht hatte, und Stefan T., der als leiblicher Vater und Mitglied des Haushalts die gleiche „Garantenstellung“ gehabt habe.

Seifert betonte, dass das Mordmerkmal Grausamkeit erfüllt sei: Die Eltern hätten den lebensbedrohlichen Zustand bereits erkannt, als das Kind noch Schmerzen empfinden konnte. Die letzten beiden Wochen vor seinem Tod am 20. 11. 2007 in einem Krankenhaus hatte Lea-Sophie nach Aussage von Ärzten vermutlich in einem Dämmerzustand verbracht. Der Staatsanwalt kritisierte, dass die Geständnisse der Angeklagten in diesem Punkt versuchten, „sich um das Mordmerkmal Grausamkeit herumzumanövrieren“. Er nannte zudem als weiteres Mordmerkmal die Verdeckungsabsicht, nämlich die Furcht, dass der Zustand des Kindes staatliche Stellen auf den Plan rufen würde. Die Angeklagten seien in „anständigen Verhältnissen“ aufgewachsen. In Fällen von Kindstötung sei das nicht die Regel.

Im Unterschied zur Verteidigung schloss der Staatsanwalt eine Mitschuld des Jugendamts ausdrücklich aus. Dort war der Großvater des Kindes im November 2006 vorstellig geworden, hatte aber auf Nachfrage verneint, dass das Kindeswohl gefährdet sei. Strafmildernd wertete Seifert den Notruf, mit dem die Eltern – zu spät – Hilfe für das Kind geholt hatten. Berücksichtigt wurden auch die Geständnisse und die „geringfügigen Persönlichkeitsdefizite“ der Angeklagten: Nicole G. war vom Sachverständigen eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstruktur bescheinigt worden, Stefan T. zeige paranoid-schizophrene Persönlichkeitsanteile.

Die Verteidiger von Nicole G. und Stefan T. plädierten dagegen auf Totschlag durch Unterlassung und forderten je acht Jahre Haft für ihre Mandanten. Die Kritik an den Geständnissen wiesen sie zurück. Die Zeitberechnungen des Staatsanwalts seien „waghalsig“: Es gebe keine tragfähige Feststellung, dass die Eltern den Tod von Lea-Sophie bereits vor Beginn November billigend in Kauf genommen hätten.

Das Urteil soll nächste Woche fallen. FRIEDERIKE GRÄFF