Ein Lob der Lüge, so lässt sich regieren

betr.: „Telekom-Spitzelei erreicht Bundestag“, taz vom 5. 6. 08

Es gebe nun mal einen enormen Fortschritt in der Kommunikationstechnologie, und „die Grundlage unseres technischen und wissenschaftlichen Fortschritts sind eben mehr Daten“, tönt Schäuble. „Wir werden die Zugriffsberechtigungen auf die Daten begrenzen, ohne den Service zu beeinträchtigen“, flötet René Obermann.

Beide Aussagen sind dreist, falsch und irreführend. Obermann behauptet beziehungsweise suggeriert, der Zugriff auf die gespeicherten Kommunikationsdaten sei bisher unbegrenzt und der Service des schwarzen Service-Schafs Telekom hänge von diesem Zugriff ab.

Und Schäuble behauptet beziehungsweise suggeriert, der „enorme Fortschritt“ in der Kommunikationstechnologie bestehe in der Speicherung oder Verwertung dieser Daten – ja sie seien sogar die Grundlage unseres gesamten technischen und wissenschaftlichen Fortschritts! Von vielen wird der logische Sprung wohl kaum bemerkt.

Mit der Worthülse „Fortschritt“ ließ sich schon immer fast alles legitimieren. „Nun mal“ und „eben“ täuschen, ebenfalls gleich zweimal, unumstößliche Wahrheit vor. Und das „unser“ darf natürlich auch nicht fehlen, es appelliert an soziale Instinkte, suggeriert Gemeinsamkeit, verwischt Grenzen und legt den Ausschluss oder die Verurteilung anderer Standpunkte nahe. Wie die Wörter gemischt werden, spielt fast keine Rolle. Der Grund der Faselei: Man kommt damit durch. Ein Lob der Lüge, so lässt sich regieren.

GERHARD RUDOLF, Bad Homburg v.d. Höhe