CEO, nicht Direktor

Exprofi Ioan Lupescu will Rumäniens Verband nach vorne bringen. Bald. Jetzt will er erst mal hinten gut stehen

SANKT GALLEN taz ■ Die Frage lautet: „Werden Sie gegen Italien wieder solch einen defensiven Zerstörerfußball spielen wie gegen Frankreich?“ Und die rumänischen Profis antworten dann, dass sie mehr Chancen herausspielen wollen, und versichern, dass das Spiel gegen den Weltmeister bestimmt schöner wird als das 0:0 gegen die Franzosen.

Ioan Lupescu stattdessen fragt zurück: „Warum sollten wir offensiver spielen?“ Die anderen müssten etwas tun, „wir sind nur der Außenseiter“. Der Gedanke passt zu ihm. Für Spieler wie ihn wurde einst – 227-mal spielte er für Leverkusen und Mönchengladbach, 74-mal für Rumänien – der Begriff „Staubsauger vor der Abwehr“ erfunden.

Mittlerweile ist er „Generaldirektor“ des rumänischen Verbands, man könne aber „auch CEO sagen“, sagt er. Das hört sich weniger nach Ostblock an und passt besser zu seiner Mission. Er will modernisieren. Seit der heute 39-Jährige 2005 seinen Job antrat, hat er die Nachwuchsarbeit professionalisiert, Konzepte für die Nationalmannschaft entwickelt, und er versucht, Eitelkeiten und Privatinteressen vom Verband fernzuhalten. Eine visionäre Arbeit. In diesen Tagen aber geht es um kurzfristige Erfolge, und er kündigt an, auch gegen die Niederländer eine Wand aus Beinen und anderen Körperteilen aufbauen zu wollen. Schon in der EM-Qualifikation blieben sie in zwei Duellen gegen die Niederlande ohne Gegentor, und irgendwann wird Stürmerstar Adrian Mutu schon seinen Moment haben.

Als Lupescu selbst noch spielte, wurde das Team von den Technikern Gheorghe Hagi und Gheorghe Popescu geführt, sie spielten ansehnlichen Kombinationsfußball, in der großen Ära verpasste die Mannschaft zwischen 1990 und 2000 nur ein einziges großes Turnier. „Daran wollen wir wieder anknüpfen“, sagt Lupescu. „Aber wir beginnen gerade erst.“ Wie er.

Nach seiner Spielerkarriere, die 2002 endete, ließ er sich in Köln zum Trainer ausbilden, betreute einige Monate erfolglos den rumänischen Erstligaklub FCM Bacau und ergriff dann die Gelegenheit im Verband, wo eine Menge Unruhe herrschte. Ein bodenständiger Typ wie er, ein kühler Analytiker, hat offenbar gefehlt in dem Land, in dem die meisten Klubs von schillernden Mäzenen beherrscht werden. „Es gibt einige, die glauben, wenn sie Geld in die Klubs geben, dass sie dann alles bestimmen können“, sagt Lupescu.

Auch wegen dieser Versuche, die Kraft des Fußballs für private Interessen zu nutzen, waren die Jahre nach 2000 so schwierig. Dreimal scheiterte die Nationalmannschaft in der Qualifikation für die großen Turniere, „der Umbruch nach dem Abtritt der goldenen Generation ist uns nicht gelungen“, sagt Lupescu. Erst seit er seine Rolle als eine Art Oliver Bierhoff des rumänischen Fußballs gefunden hat, geht es aufwärts. Im Gegensatz zu seinem deutschen Pendant kümmert er sich aber auch um die Liga, und die war im Herbst in der Uefa-Fünfjahreswertung zeitweise an der Bundesliga vorbeigezogen. Die Rumänen erschrecken also wieder die großen Fußballnationen, heute sind die Italiener dran. Daniel Theweleit