Unheimliche Unterstützung

Neonazis, die sich bei Israel anbiedern – man könnte es glatt für einen ganz üblen Scherz halten. Ist es aber nicht

Die weiß-blauen Farben mit dem fünfzackigen Stern verstören in dieser Szene. Bei Aufmärschen der Neonazis ist die Fahne Israels nur bei den Gegendemonstranten zu sehen. Schon der Anblick provoziert NPD und „Freie Kameradschaften“, zu skandieren: „Bomben auf Israel!“ Nun haben aber Rechtsextreme ihre Liebe für Israel entdeckt: „Mit immer wiederkehrenden Donnerschlägen hat sich Israel sein Recht auf Leben in der Gemeinschaft der Völker erkämpft“, erklären die Nationalen Sozialisten für Israel (Nasofi) und: „Beendet den Hass auf das jüdische Volk!“ Bekenntnisse, die im rechtsextremen Lage zu Verstimmungen führen.

In der vergangenen Woche wollen die selbst ernannten Israelliebhaber in Berlin Aufkleber angebracht haben. Ihre Message: „2000 Jahre Überlebenskampf. Ehre, wem Ehre gebührt“. In der Hauptstadt seien Nasofi aus sechs Bundesländern zusammengekommen – behaupten sie auf ihre Website.

Seit Mitte Mai geistern Nasofi bei blogspot.com rum. Provokantes Fake oder reale neue Neonazigruppe? Henning Buse vom Informationsdienst für Antifaschismus und Antirassismus (Idafar), der sich auf Webrecherchen zu Rechtsextremen im Internet spezialisiert hat, erklärt: „Die Seite liegt bei Blogercom, die zu Google gehört.“ Wenn man da eine Account hat, kann man dort einen Blog anonym einrichten, sagt Buse, betont aber auch: „Der Blog könnte von Nazis sein, ‚passend‘ zum 60. Jahrestag von Israels Staatsgründung.“

Zum Kodex der Rechtsradikalen gehört: keine Zusammenarbeit mit der Presse. Doch das scheint nicht für ausländische Journalisten zu gelten. Mit Marion Bacher vom österreichischen Monatsmagazin Datum sprach ein 22-jähriger Nasofi. Der Gruppe gehören Kameraden im Alten von 17 bis 36 Jahren an, behauptete er. „Über den Palästina-Israel-Konflikt war er allerdings nicht gut informiert“, sagt Bacher. Im Internet lavieren die Nasofi in ihrer Erklärung „Ein starkes Volk verdient es, zu leben!“ zwischen Ethnopluralismus und Zionismus. „Für ein friedliches getrenntes Miteinander der Völker“ sind sie, denken aber auch, dass, wenn sich aber „Völker einnisten“, Pogrome und Vertreibung „Selbstverteidigungsakte“ seien.

„Die Juden“, die sich in jahrtausendelanger Diaspora befanden, hätten jedoch keinen anderen Ausweg gehabt, als sich in eine andere Nation „zu begeben“. „Wer kann es ihnen verdenken, dass sie immer ihre völkische Identität gewahrt haben“, betonen die Nasofis und erklären so ihre krude Logik.

Die neu entdeckte Liebe hat enge Grenzen. „Der sog. ‚Holocaust‘ “, schreiben die Nasofi, war ebenso ein „Selbstverteidigungsakt“, glücklicher wäre gewesen, die „Organisationen der zionistische Bewegung zu unterstützen“. Die Nasofi erinnern daran, dass anfänglich führende Nationalsozialisten zionistische Ideen interessant fanden. Ein Foto von Hitlers „Beauftragtem für die Endlösung des Judenfrage“, Reinhard Heydrich, ziert einen Aufkleber mit seinem Statement: „Als Nationalsozialist bin ich Zionist.“ Von ihrem Kameraden fordern sie: Unterstützt das „jüdische Volk“ bei „seinem Weg in seine angestammte Heimat“.

In Szeneforen meinen aber die meisten Kameraden: „Nationale Wirrköpfe.“ Manch einer wünscht sich gar „eine größere Entlausungsoperation“.

ANDREAS SPEIT