Die Anwältin

Noch heute bekommt Verina Speckin, 45, drei bis vier Mal in der Woche Mails von AnwaltskollegInnen, die auch in Heiligendamm dabei waren. Die Rostocker Rechtsanwältin gehörte im Juni vergangenen Jahres zum Anwaltsnotdienst. Über 100 JuristInnen mischten sich damals unter Gegendemonstranten, beobachteten Polizeiübergriffe und boten vor Gefangenensammelstellen Hilfe an. „Vor Heiligendamm habe ich im Rechtsstaat einfach meinen Job gemacht“, sagt Speckin. „Aber diese Wochen haben mein kritisches Bewusstsein geweckt.“ Der Gipfel habe viele junge Leute politisiert, glaubt Speckin. In Rostock beobachteten sie die Prozesse und berichteten kritisch. Von heute bis Sonntag laden Vereine in Rostock zu einem globalisierungskritischen Festival ein (www.heiligendammpluseins.de). Vor Gericht zeigte sich oft, wie die Polizei damals vorging. Einer von Speckins Mandanten etwa wurde sechs Stunden festgehalten, weil er eine therapeutische Beißschiene bei sich hatte. Im November sprach ihn das Amtsgericht Rostock frei – weil das kleine Stück Plastik, das gegen nächtliches Zähneknirschen hilft, eben „keine Schutzwaffe“ sei – so das Gericht. 1.450 Ermittlungsverfahren leitete die Staatsanwaltschaft Rostock ein. Zu rechtskräftigen Urteilen führten davon: 83. US