Erfolgreicher Bauernprotest vorm Discounter

Lidl kündigt Erhöhung des Milchpreises um 10 Cent an. Biobauern sind solidarisch mit konventionellen Kollegen

BERLIN taz/ap ■ Die Milchbauern haben nach tagelangen Protesten einen ersten Durchbruch an der Preisfront erzielt. Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes (DBV) will der Discounter Lidl den Verkaufspreis je Liter um 10 Cent und für Butter je 250-Gramm-Päckchen um 20 Cent erhöhen. Zudem beschlossen die genossenschaftlichen Milchwerke Berchtesgadener Land zum 1. Juni eine Anhebung des Milchpreises, der an die Bauern geht, auf 43 Cent je Kilo.

Am Mittwoch hatten Hunderte Landwirte mit Demonstrationen vor den Firmenzentralen von Aldi, Lidl, Edeka und Norma den Druck auf die Discounter und Lebensmittelhändler erhöht. Auch der vor einer Woche begonnene Milchlieferstopp dauerte an. Nach der Einigung mit Lidl forderte der DBV den übrigen Lebensmitteleinzelhandel auf, den Verhandlungsabschluss zu übernehmen.

Unterdessen solidarisierten sich auch viele Biobauern mit den streikenden Milchviehhaltern: Statt Milch zu produzieren, stellte etwa die Upländer Ökobauernmolkerei letzte Woche zwei Tage lang Butter und Magermilchpulver her. Das eine ging an Tafeln für Bedürftige in Deutschland, das andere an Ärzte ohne Grenzen für Dafur. Diese Woche läuft die Produktion wieder normal – Bauern und Molkerei überlegen aber, sich erneut zwei Tage lang solidarisch mit den streikenden konventionellen Milchbauern zu erklären – obwohl sie eigentlich keinen Grund dafür haben: Im Durchschnitt erhalten Biobauern je Liter Milch 50 Cent – 15 bis 25 Cent mehr als ihre konventionellen Kollegen. Denn Biomilch ist gefragt, so stark, dass Händler auch auf Ware aus Dänemark und Österreich zurückgreifen müssen. Und wo die Nachfrage hoch ist, das Angebot aber beschränkt, kann mehr Geld verlangt werden. Allerdings hat sich die Situation für die Biobauern erst seit wenigen Monaten gebessert. Noch vor einem Jahr erhielten sie rund 35 Cent je Liter. „Zu wenig, um kostendeckend zu wirtschaften“, sagt Thomas Dosch, Vorsitzender des Ökoverbandes Bioland. „Und wir wissen, dass sich Biopreise auf Dauer nicht vom konventionellen Preis abkoppeln können.“ Viele Verbraucher sind zwar bereit, einen Bioaufschlag von bis zu 30 Cent zu zahlen – mehr aber auch nicht. Auch deshalb unterstützt der Verband den Lieferboykott.

Anders als die vom Bauernverband organisierten Proteste vor den Einzelhandelsgeschäften richtet sich der Protest des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM) gegen die Molkereien: Diese sollen, so der BDM, bei Vertragsverhandlungen mit dem Handel keine Preiskämpfe mitmachen. Das sieht auch Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf so: „Warum zieht die Bauernverbandsspitze vor die Handelsketten, statt den Molkereien Beine zu machen?“, meint der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Konkurrenzorganisation des Bauernverbandes.

Das Bundeskartellamt hat indes ein Ermittlungsverfahren gegen den BDM eingeleitet. Es werde überprüft, ob der Tatbestand des Boykottaufrufs erfüllt sei, hieß es. Dies wäre ein Verstoß gegen das Wettbewerbsgesetz: Verbände dürfen nicht zu Liefersperren aufrufen, wenn sich so Nachteile für andere Unternehmen ergeben. CHZ

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