Siemens-Mann packt aus

Ein wegen Untreue angeklagter Konzernmanager legt Geständnis ab und belastet Exvorstand um von Pierer

MÜNCHEN afp ■ Zum Auftakt des ersten Prozesses um den Siemens-Schmiergeldskandal hat der wegen Untreue angeklagte Manager Reinhard S. ein umfassendes Geständnis abgelegt. Gleichzeitig erhob der 57-Jährige gestern vor dem Landgericht München I schwere Vorwürfe gegen den früheren Zentralvorstand um den damaligen Siemens-Chef Heinrich von Pierer. Er sei sicher, dass die Schmiergeldpraxis mit Ausnahme eines damals neuen Mitglieds spätestens 2004 „im kompletten“ Zentralvorstand bekannt gewesen sei, sagte S.

S. ist wegen Untreue in 58 Fällen angeklagt, als Höchststrafe drohen ihm bei einer Verurteilung fünf Jahre Haft. Er soll insgesamt gut 53 Millionen Euro aus dem Haushalt des Konzerns abgezwackt haben, um der Telekommunikationssparte des Konzerns Schmiergeld zum Erringen von Auslandsaufträgen bereitstellen zu können. Die Anklage der Staatsanwaltschaft sei „grundsätzlich“ zutreffend, sagte der gelernte Kaufmann. Auch die Höhe der Summen treffe seiner Erinnerung nach „im Prinzip“ zu. Nach Angaben der Ermittler organisierte S. den Abfluss der Gelder über Scheinberater und -firmen. Den Auftrag zu diesem Vorgehen habe er Ende September 2002 bei einem Treffen mit insgesamt vier weiteren Siemens-Managern erhalten. Dabei sei auch der Finanzvorstand der Telekommunikationssparte, Michael Kutschenreuter, gewesen.

Nach Darstellung der Anwälte des Angeklagten war S. nur einer von vielen Geldboten bei Siemens. Insgesamt umfasst der im Herbst 2006 aufgedeckte Skandal Schmiergeldzahlungen von mindestens 1,3 Milliarden Euro. Der Prozess gegen S. ist bis Ende Juli angesetzt.