Einzug ins „Schwarze Haus“

betr.: „Hillary Clinton hat keine Chance mehr“, taz vom 20. 5. 08

Sicher, der aus jedem Schulaufsatz bekannten Notwendigkeit, die wiederholte Namensnennung zur besseren Lesbarkeit durch nette Substitute zu vermeiden, sind auch Journalist(inn)en unterworfen. Immer wieder jedoch lese ich in der Berichterstattung über den US-Präsidentschaftskandidatenwahlkampf vom „schwarzen Kandidaten“ als syntaktischen Statthalter des namentlichen Obama.

Vom Pendant, der „weißen Senatorin aus New York“, habe ich bisher noch nie gelesen. Zugegeben, die Beifügung „weiß“ mag für viele in der Sphäre des Politischen schon den Geruch des Tautologischen haben, schließlich ist Obama der Erste „seiner Art“, der es ins Präsidentenamt schaffen könnte. Clinton jedoch „für ihre Art“ ebenfalls. Dabei gibt es doch so viele andere schöne Differenzlinien, die für Abwechslung sorgen könnten: für die innenpolitische Berichterstattung schlage ich allen Zeitungen die Umschreibungen vom „ homosexuellen Bürgermeister aus Berlin“ oder vom „behinderten Innenminister der Bundesrepublik“ vor.

So viel „Andersartigkeit“ sorgt für prima Abwechslung. Und Berichtenswertes entsteht so allemal: Wer Differenz konstruiert, darf über Differenz berichten. So weit, so gut. Vielleicht bleibt ja die Hautfarbe Obamas weiterhin so bemerkenswert, dass die Journaille am Ende des Jahres gar von seinem Einzug in das „Schwarze Haus“ berichten wird. DANIEL FISCHER, Osnabrück