„Wir bekommen ein soziales Problem“

Die grüne Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn fordert einen internationalen Gipfel gegen den Ölpreis

BÄRBEL HÖHN, 56, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, ist u. a. zuständig für Energie und Verbraucherschutz.

taz: Vor zehn Jahren haben die Grünen einen Benzinpreis von 5 Mark gefordert. Jetzt fordern sie einen internationalen Krisengipfel gegen den hohen Ölpreis. Wieso?

Bärbel Höhn: Wir erlebten in den letzten vier Monaten einen Ölpreisanstieg von über 35 Prozent. Auch in der nächsten Zeit wird der Preis stark steigen. Das bedeutet: Wir bekommen zunehmend ein soziales Problem. Deshalb der Gipfel: Erstens müssen wir koordiniert auf einen Weg einschwenken, der uns weg vom Öl bringt. Zweitens müssen wir an den ungerechtfertigten Anteil des Ölpreises ran – den der Spekulanten.

Die Ökosteuer abschaffen, fordert die FDP – also jenen „ungerechtfertigen Anteil“ am Benzinpreis, den die Grünen einführten. Das wiederum wollen Sie aber nicht?

Die FDP hat einen viel größeren Steueranteil am Benzinpreis zu verantworten als wir. Vor allem: Unser Steueranteil ist klug durchdacht. Während nämlich der FDP-Steueranteil im stets verschuldeten Staatshaushalt verschwunden ist, macht die Ökosteuer Arbeit billiger. Und sie hat eine hohe Lenkungswirkung: Das Umweltbundesamt hat ermittelt, dass der Benzinverbrauch in Folge der Ökosteuer um mehr als 5 Prozent zurückgegangen ist – das ist praktizierter Klimaschutz.

In der Tat lobt das Umweltbundesamt: Die Ökosteuer habe zwischen 1999 und 2005 insgesamt 250.000 neue Jobs bewirkt. Werden die Grünen, sollten sie zu den Gewinnern der nächsten Bundestagswahl zählen, eine neue Ökosteuer-Stufe durchsetzen?

Ich gehe nicht davon aus, dass wir eine weitere Runde einläuten würden.

Weil heute falsch ist, was damals richtig war?

Nein, Energie teurer und Arbeit billiger zu machen war in der Tat gute Politik. Aber heute ist Energie schon teurer. Und die Experten sagen: Peak Oil ist überschritten – ab jetzt gibt es mehr Nachfrage nach Rohöl als Angebot. Das bedeutet: Die Energiepreise steigen von ganz allein. Deshalb auch die Forderung nach dem Krisengipfel im Rahmen der G-8-Staaten. 5 Mark je Liter Benzin – hätten die Leute vor zehn Jahren schon auf die Grünen gehört, gäbe es heute schon effizientere Autos und weniger Ölheizungen.INTERVIEW: NICK REIMER