Mit leeren Töpfen gegen den Hunger

Eine seit Monaten anwachsende Protestbewegung in Burkina Faso gegen steigende Lebensmittelpreise gipfelt in einem Generalstreik. Regierung und Protestler werfen sich gegenseitig vor, die Interessen reicher Händler zu vertreten

BERLIN taz ■ „Die leeren Töpfe schreien Hunger“, titelte die Tageszeitung L’Observateur-Paalga in Burkina Faso am gestrigen Donnerstag. Der Titel begleitete den letzten Tag eines dreitägigen Generalstreiks, mit dem die Bevölkerung des bitterarmen Landes zum wiederholten Mal gegen steigende Lebenshaltungskosten protestiert hat. Burkina Faso hat inzwischen die aktivste Protestbewegung aller von der globalen Lebensmittelkrise betroffenen afrikanischen Länder.

„Die Regierung aus ihrem langen Schlaf aufwecken“ wollten die Demonstranten, die am Mittwoch die Hauptstadt Ouagadougou lahmlegten und mit Töpfen, Tellern und Löffeln klapperten. Auf der zentralen Kundgebung erklärte Gewerkschaftschef Jean Mathias Liliou: „Die Verbraucher Burkinas sind Opfer spekulativer Praktiken einer Handvoll von Geschäftsleuten mit De-facto-Monopolen, die sie dank ihrer Freundschaft mit den Machthabern halten.“ Mit dieser Aussage war Burkina Fasos Problem auf den Punkt gebracht. Es geht nicht nur um gestiegene Preise auf dem Weltmarkt. Der Vorwurf lautet, dass in einem importabhängigen Land der Staat Preistreiberei duldet, weil die Regierenden von der Händlerelite finanziell abhängig sind.

In Wahrheit stecken Regierung und Geschäftsleute in Burkina Faso in einem erbitterten Streit, aber die Wirkungen sind trotzdem desaströs. Der neue Premierminister Tertius Zongo verfügte nach seiner Berufung Mitte 2007, dass künftig alle Importe inspiziert werden und nicht nur die mit einem deklarierten Wert von mindestens drei Millionen CFA-Franc (4.573 Euro). Dies sollte Schmuggel eindämmen, verärgerte aber die Geschäftswelt. Zugleich schossen auf den Weltmärkten die Preise vor allem für Reis in die Höhe. Der Effekt: Wucher auf den Märkten von Ouagadougou.

Der 50-Kilo-Sack Reis kostete letztes Jahr 13.700 CFA-Franc (20,90 Euro), jetzt aber bis zu 20.000 (30,50 Euro). Durchschnittlich sind die Einkommen in Burkina Faso seit 2007 um 4 Prozent gestiegen, die Lebenshaltungskosten aber um 21 Prozent. Zugleich brach die Baumwollernte, wichtigstes Exportgut des Landes, von 660.000 Tonnen 2007 auf 360.000 Tonnen dieses Jahr ein.

Um die Inflation in den Griff zu bekommen, setzte Burkinas Regierung Ende Februar die Einfuhrzölle auf Reis, Milch und Salz für drei Monate aus und verlängerte diese Maßnahme im April um weitere drei Monate. Außerdem wurden Preissenkungen im Einzelhandel verfügt. Aber die Preise steigen weiter.

Als die Protestwelle gegen steigende Preise im Februar begann, behauptete die Regierung noch, die Importeure steckten dahinter, um den Kampf gegen Korruption zu stören. Inzwischen hat sie anerkannt, dass eine breite Volksbewegung existiert, und im März opferte sie Agrarminister Salif Diallo. Aber die Proteste gehen weiter. Gefordert wird unter anderem eine rückwirkende Gehaltserhöhung um 25 Prozent ab 2001.

In den 80er Jahren, als der antifranzösische Revolutionsführer Thomas Sankara Burkina Fasos Bevölkerung zum Konsumieren einheimischer Produkte anhielt, entstanden zahlreiche Bewässerungsprojekte für die lokale Landwirtschaft und Reisplantagen. Vieles davon ist verfallen. Jetzt könnte sich Reisanbau in Burkina Fasos trockener Sahelzone wieder lohnen.

DOMINIC JOHNSON