„Am Ende steht das Kriegsrecht“

Der Grüne Trittin erkennt in Vorschlägen der Union das Ziel, staatliches Handeln vom Grundgesetz abzukoppeln

JÜRGEN TRITTIN, 53, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

taz: Herr Trittin, was halten Sie von den Vorschlägen der Union für einen Nationalen Sicherheitsrat?

Jürgen Trittin: Kurzfristig zielt dieser Vorschlag offenbar darauf ab, den SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Grußonkel bei der UN zu machen und die Außenpolitik im Kanzleramt zu konzentrieren. Mittelfristig steht dahinter das alte Vorhaben von Innenminister Wolfgang Schäuble, innere und äußere Sicherheit miteinander zu vermengen. Dieser Sicherheitsrat wäre ein weiterer Schritt auf dem Weg in Richtung Bundeswehreinsatz im Inland. Und am Endpunkt dieser Überlegungen steht eine Bundesrepublik, in der das staatliche Handeln nur noch durch das Kriegsrecht begrenzt wird und nicht mehr durch die Bindung an das Grundgesetz.

Tragen Sie da nicht ein wenig dick auf? Weder die SPD noch eine der Oppositionsparteien würde diesen Vorschlag bisher mittragen.

Natürlich möchte sich die Union vor dem Bundestagswahlkampf 2009 profilieren – auch mit diesem Vorstoß. Klar ist auch, dass das in der großen Koalition keine Chance hat. Aber das Papier dokumentiert, dass die Union mit ihrem bisherigen Abbau der Grundrechte in einer Sackgasse gelandet ist. Und deswegen sucht sie nach Wegen, die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu umgehen. Diesen Kern sollte man nicht vergessen. Die Union will mehr als nur ein paar organisatorische Veränderungen.

Aber das Papier enthält auch viel Altbekanntes wie beispielsweise, dass Deutschland weiterhin im Rahmen der Nato mitentscheiden will, wie Verbündete ihre Atomwaffen einsetzen. Das klingt nicht sonderlich aufregend.

Aber außenpolitisch ist das ein absoluter Rückschritt. Ausgerechnet in der Zeit, in der der Vertrag von Lissabon die europäische Außenpolitik stärkt, setzt die Union auf die Stärkung der Nation und den Schulterschluss mit den USA wie vor dem Irakkrieg. Und die Sicherung der Energielieferungen betrachtet die Union ebenfalls fast nur unter nationalistischen Gesichtspunkten.

In einer schwarz-grünen Koalition im Bund würde das also nicht durchkommen?

Das kommt nicht einmal unter Schwarz-Rot ins Kabinett.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ