Struck sagt leise Servus

Nun also doch: SPD-Fraktionschef Peter Struck zieht sich 2009 aus der Bundespolitik zurück. Das Gerangel um die Nachfolge beginnt – Kandidaten gibt es wenige

BERLIN taz ■ Vor einer Woche war mal wieder der unnachahmliche Peter Struck zu hören. Eine Zeitung hatte gerade gemeldet, er werde noch in diesem Jahr als SPD-Fraktionsvorsitzender von Umweltminister Sigmar Gabriel abgelöst. Schlichter „Blödsinn“ sei das, erwiderte Struck, er werde selbstverständlich im Amt bleiben. Punkt, aus.

Im Amt bleiben wird er auch, allerdings nur noch bis zum Ende der Legislaturperiode. Am Montag kündigte Struck in einem Brief an seinen SPD-Unterbezirk den Rückzug für 2009 an. Bis dahin werde er aber seine Aufgaben „in gewohnter Weise und gerne erfüllen“. Den Entschluss, schrieb Struck, habe er gemeinsam mit seiner Familie getroffen.

Mit dem 65-Jährigen verliert die SPD einen ihrer profiliertesten und, das lässt sich wohl sagen, unterhaltsamsten Politiker. 1980 zog der Sohn eines Autoschlossers aus Göttingen in den Bundestag ein, wurde Fraktionsgeschäftsführer, Fraktionsvorsitzender und leitete in der rot-grünen Bundesregierung drei Jahre lang das Verteidigungsministerium. Trotz gesundheitlicher Probleme wegen eines Schlaganfalls kehrte Struck 2005 auf den Fraktionsvorsitz zurück.

Und doch waren es nicht allein die Ämter, die Peter Struck zu einer sozialdemokratischen Marke machten. Vermissen werden etliche Genossen wohl nicht zuletzt seine schnoddrigen Poltereinlagen gegenüber dem politischen Gegner wie den eigenen Reihen, mit denen er den oft staubtrockenen Parlamentsbetrieb auflockert. Mal bezeichnet er Innenminister Wolfgang Schäuble als sicherheitspolitischen „Amokläufer“, mal pöbelt er während der nachweihnachtlichen Debatte um Jugendgewalt: „Die Union kann mich mal.“ Geschadet haben seinem Ansehen solche Ausbrüche selten, nicht einmal beim politischen Gegner: Sein Verhältnis zu Unionsfraktionschef Volker Kauder gilt als exzellent, CDUler nennen ihn eine Stütze der großen Koalition.

Der Niedersachse ist einer von mehreren sozialdemokratischen Altvorderen, die sich in den Ruhestand verabschieden. Auch die Exminister Hans Eichel und Otto Schily sowie der langjährige Fraktionsvize Ludwig Stiegler haben angekündigt, 2009 Platz für die nächste Generation Platz zu machen.

Doch erst Struck macht den Generationenumbruch richtig schmerzhaft. Die Partei hat zumindest schon leichtere Aufgaben gehabt, als eine Nachfolge für den Niedersachsen zu finden. Das liegt vor allem daran, dass die SPD nicht gerade ein riesiges Reservoir an Kandidaten besitzt, die für den wichtigen Posten infrage kämen. Einer, der sicherlich Lust darauf hätte, ist Umweltminister Sigmar Gabriel. Als Fraktionschef könnte er sich innerparteilich bedeutend stärker profilieren als in seinem jetzigen Ressort. Nur sehen etliche Genossen den 46-Jährigen als prinzipienlosen Karrieristen, der den Posten nur als Durchgangsstation zur Kanzlerkandidatur sähe.

Mögliche Kandidaten sind zudem Generalsekretär Hubertus Heil und Fraktionsgeschäfts- führer Thomas Oppermann. Beide besitzen stärkeren Rückhalt in der Partei als Gabriel – aber ein Struck sind sie deswegen noch lange nicht.

VEIT MEDICK