Schweriner stimmen über Bürgermeister ab

Am Sonntag entscheiden sie über die Zukunft Norbert Claussens (CDU). Die Opposition spricht von „zerrüttetem Vertrauensverhältnis“. Die CDU kritisiert die Abwahl als Instrumentalisierung des Todes einer Fünfjährigen

Am Sonntag entscheiden die Schweriner, ob ihr Oberbürgermeister Norbert Claussen (CDU) weiterhin im Amt bleiben soll. Der war nach dem Hungertod der fünfjährigen Lea-Sophie in die Kritik geraten, weil er geäußert hatte, die Stadt habe schlicht „Pech“ gehabt, da ein solcher Fall überall hätte passieren können. Der Schweriner CDU-Fraktionsführer Gert Rudolph kritisierte den von SPD, der Linken, der Fraktion der Unabhängigen Bürger und den Grünen beschlossenen Abwahlantrag als „Instrumentalisierung“ des Todesfalls für einen vorgezogenen Wahlkampf.

Demgegenüber beharren die anderen Parteien darauf, dass es ihnen um eine grundsätzliche Kritik an der Amtsführung des Oberbürgermeisters gehe. SPD-Fraktionschefin Manuela Schwesig betont, dass es „seit langem Unmut gegen den Oberbürgermeister“ gebe. Claussen habe seine Wahlversprechen nicht gehalten, unter anderem bei der Wirtschaftsansiedlung. Angesichts seines selbstherrlichen Führungsstils sei „das Vertrauensverhältnis stark gestört“.

Manfred Strauß von den Grünen gab sich optimistisch, dass sich die Schweriner am Sonntag gegen Claussen entscheiden werden. Dessen Amtszeit liefe regulär nach acht Jahren im März 2010 aus. Sollte er abgewählt werden, würde er weiterhin seine Bezüge erhalten. Bei der Stichwahl 2002 hatten sich rund 20.000 Wähler für ihn ausgesprochen. Für eine Abwahl müssten 28.000 gegen ihn stimmen. Bei den jüngsten Landratswahlen lag die Wahlbeteiligung zum Teil bei nur 23 Prozent.

Von landespolitischer Seite hatte Claussen keine merkliche Unterstützung im Vorfeld erhalten. „Wir müssen unser Kreuz selbst tragen“, kommentierte das CDU-Fraktionschef Rudolph. Seine Verteidigung des Amtsinhabers klingt bemüht: Dieser dürfe erst nach Ablauf seiner Amtszeit beurteilt werden. „2010 kann Claussen keinen Schutz erwarten, wenn er kein ordentliches Schwerin hinterlässt“, sagte Rudolph. Doch mit der Bundesgartenschau 2009, der Sanierung der Sport- und Kongresshalle sowie dem Verkauf der Helios-Kliniken könne die CDU durchaus Erfolge verweisen.

Die Abwahl des Sozialdezernenten Hermann Junghans (CDU) war im Stadtrat gescheitert, da ihn nicht nur CDU und FDP, sondern auch Mitglieder der anderen Fraktionen gestützt hatten. „Das war ein großer Fehler“, räumt SPD-Fraktionschefin Schwesig ein. Doch dies sei ein weiterer Grund, Claussen, der sich vor seinen Dezernenten gestellt hatte, jetzt abzuwählen. Denn der habe damit indirekt Junghans’ Blockadehaltung gegenüber Reformen im Jugendamt gestützt. FRIEDERIKE GRÄFF