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: Verriegelter Verstand

„Da haben Sie aber ein schönes Schloss“, sagt der Mann, als er sich an meinem Fahrrad vorbei in die Bahn schiebt. Begeistert – man wird ja nicht alle Tage in der Bahn angesprochen – erläutere ich ihm die Vorzüge des Zahlenschlosses: Man müsse nicht mehr nach dem Schlüssel suchen. Dass mein Gegenüber Uniform trägt, fallt mir erst auf, als er mich nach der Fahrkarte fragt.

Der Kontrolleur wirft einen Blick drauf und sagt: „Zu kurz gelöst. Das macht 15 Euro.“ Ungläubig schaue ich ihn an: „Wieso, ich fahr’ nach Mundsburg, da sind wir noch nicht vorbei.“ „Kommen wir auch nicht, Sie sitzen in der U 3 Richtung Billstedt.“ „Aber“, verteidige ich mich, „ich bin in die U 2 eingestiegen …“ – „… die seit einiger Zeit bekanntlich beim Berliner Tor zur U 3 wird“, schneidet er mir das Wort ab. Ich versuche zu erklären, dass ich nichts von dieser seltsamen Regelung gewusst hätte, dass es für mich schon ärgerlich genug sei, vom Weg abgekommen zu sein – und dass es vollends unsinnig wäre, wenn ich dafür 15 Euro zahlen müsste. Vergebens. Der Kontrolleur schaltet einfach in jeden meiner Erklärungsversuche den Satz „Das kann ja jeder sagen“ ein.

Ich zahle – und kann von Glück reden: Wäre ich ein Afrikaner oder Asiat, ich hätte wohl die Welt nicht mehr verstanden! So aber wird mir die Situation schnell klar: Verstand und Mitgefühl liegen hierzulande in den Ketten der Vorschrift. Aufschließen kann sie immer nur der Vorgesetzte – gesetzt, der Schlüssel ist nicht verloren gegangen. MAP