Alitalia vor der Schicksalsfrage

In dieser Woche entscheidet sich, ob die italienische Fluglinie noch eine Zukunft hat – und bei welchem Partner die liegt

ROM taz ■ In den nächsten zwei Tagen wird wohl entschieden, ob die Alitalia an Air France verkauft wird. Heute tritt der Air-France-Vorstand zusammen, am Dienstag ist der Alitalia-Vorstand einberufen, um eine Bilanz der Mitte letzter Woche abgebrochenen Verkaufsgespräche zu ziehen.

Air-France-Chef Jean-Cyril Spinetta hatte den Abschluss des Deals von der Zustimmung der Gewerkschaften zu seinen Sanierungsplänen abhängig gemacht. Die Arbeitnehmervertreter waren mit dem Plan konfrontiert, unmittelbar 2.100 der gut 20.000 Stellen zu streichen. Zudem drohte 5.000 Jobs im Bodendienst das Aus. Als Alternative brachten die Gewerkschaften die Beteiligung der italienischen Staatsfirma Fintecna an einer von Air France dominierten Alitalia ins Gespräch – das wollten die Franzosen auf keinen Fall. Die Gespräche scheiterten.

Der Spielraum für neue ist gering. Italiens Schatzminister Tommaso Padoa Schioppa forderte die Gewerkschaften auf, sofort ein „Signal“ zu geben. Dieses darf offenbar nur in einem vorbehaltlosen Ja zu den französischen Forderungen bestehen. Air-France-Boss Spinetta ließ wissen, nach Rom kehre er nur zurück, „um zu unterschreiben, nicht um zu verhandeln“.

Das umstandslose Ja wird von den Gewerkschaften nicht kommen. Bestärkt werden sie darin durch Exministerpräsident Silvio Berlusconi, der im Wahlkampf erklärte, er setze auf eine angeblich schon in den Startlöchern hockende „italienische Bietergemeinschaft“. Von der ist aber weit und breit keine Spur.

Stattdessen spekulieren Italiens Medien über einen alten-neuen Interessenten: die Lufthansa. Deren Chef, Wolfgang Mayrhuber, hatte schon 2007 Gespräche in Rom geführt. Den Arbeitnehmervertretern gefiel nicht zuletzt die deutsche Mitbestimmung. Raffaele Bonanni, Chef des Gewerkschaftsbundes CISL, wirbt deshalb offen für die Lufthansa und torpediert so zugleich Kompromisse mit Air France. Unklar ist jedoch, ob die Lufthansa überhaupt will: Vergangenes Jahr zog sie sich zurück, weil sie ein Absacken des eigenen Aktienkurses befürchtete. MICHAEL BRAUN