Französische Luxusjacht vor Somalia entführt

Schicksal der 30-köpfigen Besatzung derzeit noch ungewiss. Region zählt zu den gefährlichsten weltweit

NAIROBI taz ■ Die Kreuzfahrt durch die Trauminselwelt der Seychellen verlief nach Plan. Doch auf der Rückreise wurde die in Frankreich registrierte „Ponant“, ein für 64 Passagiere ausgelegter luxuriöser Dreimaster, von Piraten geentert. Seit Freitag kreuzt die Jacht vor der Küste Somalias, verfolgt von einer Fregatte der französischen Marine. „Wir versuchen, die Krise friedlich beizulegen“, kündigte Frankreichs Premier Fillon an. „Unser wichtigstes Ziel ist es, das Leben der Besatzung zu schützen.“

Über das Schicksal der dreißig Männer aus Frankreich und der Ukraine war bis zum Sonntag nichts bekannt. Die Forderungen der Piraten wurden nicht öffentlich, doch dürften sie ein hohes Lösegeld verlangen. „Die Idee ist, die Schiffe hunderte Meilen vor der Küste aufzubringen, sie in somalische Hoheitsgewässer zu entführen und erst wieder freizugeben, wenn der Eigentümer bezahlt hat“, bilanziert Pottengal Mukundan, Direktor des Internationalen Schifffahrtsbüros (IMB). Die vom IMB geführte Statistik über Piraterie in den Weltmeeren führt für das vergangene Jahr 31 Angriffe vor Somalia auf, dazu kamen 11 Schiffsentführungen. Nirgendwo sonst auf See ist es so gefährlich, obwohl die UN in ihren Empfehlungen einen Mindestabstand zur somalischen Küste von mindestens 200 Seemeilen statt der üblichen 50 anmahnen und Marineschiffe in der Region patrouillieren.

Doch die mit Maschinengewehren und Raketenwerfern bewaffneten Seeräuber haben weit von Somalias Küste entfernt sogar Mutterschiffe verankert, von denen Schnellboote zum Angriff ausschwärmen. An Land haben die Soldaten sowieso nichts zu befürchten: Nach 17 Jahren ohne funktionierende Zentralregierung gibt es keine Küstenwache, lokale Milizen können leicht mit Anteilen der riesigen Lösegelder geschmiert werden.

Die fließen immer, weiß Mukundan. Erst vor drei Wochen zahlten die Eigentümer eines dänischen Schiffs fast 500.000 Euro Lösegeld. „Solche Zahlungen ermutigen die Piraten nur“, wetterte der Fischereiminister der Puntland-Region an Afrikas Horn, Achmed Said Aw-Nur. Doch ein Rezept, die Piraten aufzuhalten, hat er nicht. Die Islamisten, die als Einzige der Piraterie für ein halbes Jahr Einhalt geboten, führen derzeit einen Guerillakrieg gegen Somalias zerstrittene Übergangsregierung. Deren Idee, die Küste durch eine US-Sicherheitsfirma bewachen zu lassen, scheiterte an den Kosten von 50 Millionen US-Dollar.

Viele Somalier machen die heutigen Opfer für die Piraterie verantwortlich. „Nach dem Zusammenbruch des Staats kamen immer mehr illegale Fischtrawler, gegen die sich örtliche Fischer bewaffnet wehrten“, erklärt der somalische Fischereiexperte Omar Abdulle Hayle. Dann schmierten die illegalen Fischflotten Warlords an der Küste, die Milizen zur See wurden arbeitslos – und sattelten auf Piraterie um. Mukundans IMB wirft Hayle Doppelzüngigkeit vor: „Niemand hat protestiert, als die somalischen Gewässer ausgebeutet wurden.“ MARC ENGELHARDT