Streit um Altdeponie

In Cloppenburg häufen sich Krebserkrankungen in der Nähe einer stillgelegten Mülldeponie. Untersuchungsergebnisse lassen bislang offen, wo die Ursachen dafür liegen. Anwohner fordern, die Deponie endlich abzudecken

Kann eine Mülldeponie Ursache für Krebserkrankungen sein? Diese Frage bewegt zurzeit den Stadtteil Stapelfeld im niedersächsischen Cloppenburg.

Vor einem Jahr fiel es den nahe der Mülldeponie lebenden Anwohnern auf: Erstaunlich viele von ihnen erkrankten an Krebs oder waren bereits in den letzten Jahren daran gestorben. „In der am Deponiegelände entlanglaufenden Straße fand sich fast in jedem Haus ein Krebsfall“, berichtet Bernhard Hinrichsmeyer vom „Verkehrs- und Verschönerungsverein für den Cloppenburger Südwesten“, dem Sprachrohr für die Anwohner.

Der Landkreis Cloppenburg gab daraufhin beim niedersächsischen Landesgesundheitsamt und dem Epidemiologischen Krebsregister Niedersachsen eine Untersuchung in Auftrag, deren Ergebnis nun vorliegt. Demnach sind im Umfeld der stillgelegten Mülldeponie in den vergangenen 20 Jahren etwa 12 Prozent mehr Menschen erkrankt als man aufgrund von Referenzzahlen hätte erwarten können. Bei den Todesfällen in diesem Zeitraum wurde festgestellt, dass etwa 40 Prozent mit Krebsleiden einhergingen. Niedersächsische Vergleichswerte liegen bei 27 Prozent. „Das sind deutliche Zahlen“, sagt Hinrichsmeyer, „die das Gesundheitsamt zum Anlass nehmen muss, Alarm zu schlagen und weitere Untersuchungen zum Schutz der Bevölkerung zu veranlassen.“

Der Landkreis Cloppenburg gibt sich dagegen gelassen: Bei den Krebserkrankungen sei die Erhöhung „statistisch nicht signifikant“, sagt eine Sprecherin. Weitere epidemiologische Untersuchungen seien deshalb nicht geplant. Man erwäge aber, die Entwicklung der Krebserkrankungen weiter zu beobachten.

Dass es eine erhöhte Krebssterblichkeit in der Gegend gebe, räumt der Landkreis ein. Allerdings fehlten Hinweise, welche Faktoren dafür verantwortlich sein könnten. Aus den Analysen des Krebsregisters gehe nämlich hervor, dass die meisten Fälle in den weiter von der Mülldeponie entfernt liegenden Untersuchungsgebieten ermittelt wurden. Auch Analysen der Altdeponie hätten keine erhöhten Schadstoffwerte ergeben. Wie man jetzt fortfahre, wisse man deshalb nicht. „Erst mal sacken lassen“, resümiert die Sprecherin des Landkreises.

Die Anwohner kann das nicht überzeugen. „Es gibt hier übermäßig viele Krebsfälle, eine Altdeponie und sonst nichts. Wer würde da nicht eins und eins zusammenzählen?“ fragt Hinrichsmeyer. Deshalb fordert der Verein, die Deponie endlich abzudecken, wie es auch schon die Bezirksregierung Weser-Ems 2004 beschlossen habe. „11 Millionen kostet das“, sagt Hinrichsmeyer und erklärt sich damit das Zögern des Landkreises. MAXIMILIAN PROBST