Patchworkfinanzierung

Steigende Kosten, stagnierende Einkünfte: Die meisten Erststudierenden werden von ihren Eltern unterstützt, müssen aber nebenher arbeiten. Manche erhalten zusätzlich Bafög oder Stipendien

Allgemeine Infos zur Studienfinanzierung beim Studentenwerk DSW: www.studentenwerk.de. Eine Übersicht über die wichtigsten Stipendiengeber unter: www.stipendiumplus.de. Weitere Infos der Stiftung Warentest über Studiendarlehen: www.test.de/themen/bildung-soziales

VON JUTTA BLUME

Mieten und Lebensmittelpreise steigen, nicht aber die Einkünfte der Studierenden. Laut der letzten Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerk (DSW) stagnieren diese seit 2003 bei rund 770 Euro im Monat. Seit Neuestem müssen Studierende in sieben Bundesländern zusätzlich Studiengebühren aufbringen, in der Regel 500 Euro pro Semester.

Müssen Studierende also jetzt nach der Uni zur Nachtschicht oder sich gleich dem freundlichen Kundenberater der nächsten Bank anvertrauen? Über die Finanzierungsstrategien der von Studiengebühren betroffenen Erstsemester lässt sich bislang nur spekulieren, meint Stefan Grob, Pressesprecher des DSW.

Allerdings zeige die Erfahrung aus den Sozialberatungen des Studentenwerks, dass die Frage nach der Studienfinanzierung an erster Stelle stehe. Empirisch wird das Studentenwerk die Auswirkungen der Studiengebühren erst nach der nächsten Sozialerhebung im Sommer 2009 auswerten können.

Heute finanzieren Studierende ihr Studium aus gemischten Quellen, 90 Prozent der Erststudierenden erhalten Unterstützung aus dem Elternhaus, die meisten ergänzen diese durch Nebenjobs, manche erhalten zusätzlich Bafög oder Stipendien. Wer sich auf das Bafög allein stützen will, muss bei einem Höchstsatz von 585 Euro in größter Bescheidenheit leben. Trotzdem rät das Studentenwerk, zunächst einen Bafög-Antrag zu stellen, auch wenn man glaubt, keinen Anspruch darauf zu haben.

Stipendien sind eine weitere Art der Studienfinanzierung, die meisten decken jedoch nicht die tatsächlichen Lebenshaltungskosten ab und sind daher als weiterer Posten in der Patchworkfinanzierung zu verstehen. Einige Stipendien richten sich nach der Studienleistung, andere beziehen Faktoren wie gesellschaftliches Engagement ein. Abhängig vom Elterneinkommen zahlen die großen Begabtenförderungswerke der Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaft einen Höchstsatz von 525 Euro plus 80 Euro für Bücher.

Beim größten Stipendiengeber, der Studienstiftung des deutschen Volkes, kann man sich nicht selbst bewerben, sondern muss vorgeschlagen werden, etwa von der Schulleitung oder einem Lehrenden an einer Hochschule. Junge Christen, die zudem gesellschaftlich engagiert sind und gute Leistungen vorweisen, finden beim katholischen Cusanuswerk oder beim Evangelischen Studienwerk Unterstützung.

Wer sich bei der Stiftung einer Partei für ein Stipendium bewirbt, muss zwar nicht unbedingt ein entsprechendes Parteibuch aufweisen, gesellschaftliches Engagement im Sinne des jeweiligen Stipendiengebers ist aber erwünscht. Derzeit erhalten aber nur 2 Prozent aller Studierenden in Deutschland ein Stipendium, großzügige neue Stipendien hat es im Zuge der Einführung von Studiengebühren bislang nicht gegeben.

Auch die Modelle der Gebührenfinanzierung sind noch wenig ausgereift. Die meisten Unis diskutieren noch, wen sie künftig von der Gebühr befreien wollen. Die Uni Freiburg hatte beispielsweise einen IQ-basierten Gebührenerlass vorgesehen, der ihr aber vom Verwaltungsgericht untersagt wurde, denn auch die Studienleistungen müssten einbezogen werden.

Der nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hat kürzlich eine Leistungsprämie von 300 Euro für die Besten eines Studienjahrgangs vorgeschlagen. Diese solle unabhängig vom Elterneinkommen vergeben werden. Der Vorschlag wird von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern verhandelt. In den Ländern mit Studiengebühren wurden die jeweiligen Landesbanken verpflichtet, ein Gebührendarlehen anzubieten, um soziale Härtefälle auszugleichen. Stefan Grob hält die Darlehen allerdings für nicht sozialverträglich. Wer sich die Semestergebühr leisten könne, zahle 5.000 Euro für sein Studium, ein Darlehensnehmer durch seine Zinsverpflichtungen weit mehr.

Gerade für die Studien-Endphase sind Bildungskredite aber eine Option – etwa, wenn die Höchstdauer für das Bafög überschritten wurde oder nicht mehr genug Zeit für den Nebenjob vorhanden ist. Der Bildungskredit in Höhe von 300 Euro wird für maximal zwei Jahre gewährt und kann beim Bundesverwaltungsamt beantragt werden. Ebenfalls auf die Abschlussphase konzentrieren sich die Angebote studentischer Darlehenskassen. In Berlin gewährt diese ein Jahr lang 750 Euro. Der Zinssatz für die Rückzahlung liegt zwischen 4 und 6 Prozent. Alter, Studiendauer und Nationalität der Darlehensnehmer spielen keine Rolle, zur Sicherheit müssen zwei Bürgschaften vorgelegt werden. Die studentische Darlehenskasse hilft notfalls auch, die entsprechenden Bürgen zu finden, etwa durch Zusammenarbeit mit dem AStA der TU. „Es hat selten so große Probleme gegeben, dass wir jemanden ablehnen mussten“, sagt Jessica Scholz, die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Vereins.

Verschiedene Banken führen Studienkredite inzwischen auch als ein reguläres Produkt. Wer sich ein Angebot unterbreiten lässt, sollte allerdings nicht nur den Zinssatz, sondern auch die Rückzahlungsbedingungen sehr genau prüfen, zum Beispiel, ob eine vorzeitige Rückzahlung der Gesamtsumme möglich ist.