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: Die Mär von der Säkularisierung

Gern wiegt die westliche Welt sich in der Vorstellung, sie selbst sei eine Hort der Aufklärung und Regionen wie der Nahe oder Mittlere Osten das düstere Reich von Aberglauben und Fanatismus. Viele betrachten Deutschland als säkulare Gesellschaft, in der Religion Privatsache sei – nur um im gleichen Atemzug Islamisten zu geißeln, die Poltik und Religion vermischen.

KOMMENTAR VON JAN KAHLCKE

Dass es ganz so weit nicht her ist mit der Aufklärung, zeigt das jüngste Einknicken des Karstadt-Konzerns vor einer Katholikin, die ihre religiösen Gefühle durch ein Parfum provoziert sah, nur weil die Marke dezent mit der christlichen Ikonografie spielt. Lautlos zog die Warenhauskette das Produkt zurück. Ein einfacher Brief der örtlichen Kirchenleitung genügte.

Man stelle sich den Fall vor, Karstadt hätte ein Mohammed-Deo im Regal stehen gehabt. Sicher: Auch von muslimischer Seite wären Proteste gekommen. Und sie wären vielleicht etwas entrüsteter im Ton daher gekommen. Aber hätte der Konzern auch in diesem Fall einen Rückzieher gemacht? Vielleicht. Aber mit einem anderen Argument: Man habe seine Mitarbeiter schützen müssen.

Ein allgemeines Lamento hätte sich erhoben über den schwachen Westen, der seine eigenen Freiheitswerte nicht energisch gegen religiöse Fanatiker verteidigt.

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