Finanzressort bricht mit alter Linie

Bürgermeisterin Karoline Linnert hisste gestern zum Jahrestag des Volksaufstandes tibetische Fahne auf ihrem Amtssitz

Erstmals wehte gestern die tibetische Fahne auf dem Sitz einer senatorischen Behörde. Bürgermeisterin Karoline Linnert (Grüne) hisste die Flagge zum 49. Jahrestag des tibetischen Volksaufstands auf dem Haus des Reichs. Lange gestritten für diese Solidaritätsbekundung hat die Bremer Regionalgruppe der Tibet Initiative Deutschland. Der Volksaufstand brach am 10. März 1959 los und wurde elf Tage später von chinesischen Truppen blutig niedergeschlagen.

„Wir wünschen uns natürlich, dass auch auf dem Rathaus zum 10. März eine tibetische Fahne weht“, sagt Holm Triesch, Sprecher der Regionalgruppe. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) sei jedoch – wie vor ihm schon Henning Scherf – dagegen. In Bremen, so die Begründung der Senatskanzlei, würde ausschließlich zu Staatsbesuchen geflaggt. „Wir sind aber durchaus zufrieden mit diesem Kompromiss“, so Triesch.

Als erster Sitz der Behörde einer deutschen Landesregierung trug damit die Zentrale der Finanzverwaltung das Zeichen der Solidaritäts-Aktion. Insgesamt sind in Bremen neun Stellen beteiligt. Neben den Ortsämtern Neustadt, Horn, Mitte, Osterholz, Vegesack und West, weht auch auf Bremerhavens Rathaus das Schneelöwen-Banner. Europaweit sind 921 Städte und Gemeinden dabei – 145 mehr als im Vorjahr. „Diese Steigerung des Zuspruchs haben wir sicher auch dem Besuch des Dalai Lama im vergangenen Sommer zu verdanken“, sagt Triesch. Ziel des Vereins sei es, 2009, zum 50. Jahrestag des Aufstands, 1.000 Städte für die Aktion zu gewinnen. Dabei soll nach Vorstellung der Tibet-Initiative nicht nur an die Revolte selbst erinnert werden.

Ebenso wichtig sei es, auf das Unrecht hinzuweisen werden, dass den Tibetern bis heute von China angetan wird. „Dem tibetischen Volk wird das Recht auf kulturelle und religiöse Selbstbestimmung verwehrt“, sagt Linnert. Eine öffentliche Stellungnahme des Landes Bremen in Form einer Fahne auf dem Rathaus wird es in naher Zukunft nicht geben. „Wir werden Böhrnsen nicht erneut darauf ansprechen“, so Triesch.

ISABELL BÜRGER