Handelnde Autofahrer

Schweden fordert: Häuslebauer und Autofahrer sollen sich am EU-weiten CO2-Emissionshandel beteiligen

Die EU-Umweltminister haben gestern in Brüssel erstmals über die Klimaschutzpflichten für Autokonzerne beraten. Umweltstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) machte bei seinem Eintreffen deutlich, er wolle sich für eine weniger starke Belastung der deutschen Hersteller und für einen größeren Umweltbeitrag französischer und italienischer Kleinwagen einsetzen. „Auch die kleineren Fahrzeugsegmente müssen in den nächsten Jahren etwas tun“, so Machnig. Die EU-Kommission sieht ab 2012 Geldstrafen vor, wenn Neuwagen mehr klimaschädliches Kohlendioxid ausstoßen als von der EU erlaubt.

STOCKHOLM taz ■ Schweden will den Autoverkehr und den Energieverbrauch im privaten und gewerblichen Gebäudesektor in den EU-Emissionshandel aufnehmen. Einen entsprechenden Vorschlag wollte das skandinavische Land am Montag auf dem Umweltministertreffen in Brüssel unterbreiten. Ansonsten, so der schwedische Umweltminister Andreas Carlgren, werde es schwer, das gesetzte Klimaziel der Union – eine CO2-Minderung von mindestens 20 Prozent bis 2020 – zu erreichen. Bislang sind nur die Kohlendioxidemissionen der Energie- und Industrieunternehmen in das Emissionshandelssystem einbezogen.

Stockholm will eine solche Erweiterung des Systems mit einer Ausweitung des EU-internen CO2-Quotenhandels kombinieren. In den jetzigen Vorgaben des EU-Klimapakets werden die Verpflichtungen zur Klimagasreduktion von der Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes abhängig gemacht. Mit dem Ergebnis, dass beispielsweise allen zwölf neuen Mitgliedsländern bis 2020 sogar die Möglichkeit einer Steigerung ihres nationalen CO2-Ausstoßes eingeräumt wird. Das sei ein falscher Ansatz, meint Carlgren. Die reichen Länder sollten eher den armen Ländern helfen. „Wenn die Länder zusammenarbeiten, könnten wir effektiver sein und zu viel weitreichenderen Verpflichtungen kommen.“ Sein Weg: Klimagassenkende Investitionen in einem EU-Land soll sich das investierende andere EU-Land dann auf seiner CO2-Bilanz gutschreiben können.

Gleichzeitig öffne man damit den Weg, Klimainvestitionen zunächst dort vorzunehmen, wo sie den größten Nutzen bringen, so Carlgren. Diese Bemerkung zielt auf Berechnungen, wonach beispielsweise jede weitere CO2-Reduktion in Schweden – wo die Stromproduktion zu über 90 Prozent „CO2-frei“ ist – pro Tonne eingespartem Klimagasaustritt mehr als doppelt so teuer zu werden verspricht als im Durchschnitt aller EU-Länder.

Schweden hofft für sein „Solidarmodell“ nicht nur auf Unterstützung der „Neuen“ in der EU. Damit will Schweden – ein Land mit einer Autoindustrie, die vorwiegend „durstige“ Autos produziert – auch deutsche Zweifel an einer Einbeziehung des Autoverkehrs in den Emissionshandel abfedern.

Markus Åhman, Experte für Quotenhandel beim schwedischen Umweltinstitut IVL, sieht die Pläne so: „Im Prinzip ist es eine sinnvolle Idee, erst einmal die billigsten und pro investiertem Euro wirksamsten Klimainvestitionen vorzunehmen. Ein Argument dagegen ist aber, dass reichere Länder dann Investitionen in neue Technik erst einmal auf die lange Bank schieben könnten.“ REINHARD WOLFF