Der grüne Stachel im Fleisch der CSU

Es ist nicht einfach, über Sepp Daxenberger zu schreiben. Das liegt nicht daran, dass er ein profilloser Politiker wäre oder gar langweilig. Daxenberger ist einer von sieben grünen Bürgermeistern in Bayern, Chef des grünen Landesverbandes, Schmied und Nebenerwerbsbiobauer. Dass man sich so schwertut, liegt daran, dass Daxenberger Krebs hat, ein Plasmozytom – eine Art Knochenmarkstumor. Man sieht es ihm an, 25 Kilo hat er durch zwei Krankheitsschübe, Chemotherapie und Bestrahlung verloren. Eigentlich ist es eine Privatsache. Und man scheut sich, ihn anzusprechen.

Aber Daxenberger dreht den Spieß um. Nimmt einem die Bedenken, lässt sich von seiner Krankheit nicht kleinkriegen, macht sie sogar zum Teil seines Kampfes um ein anderes Bayern. Nach zwölf Jahren Bürgermeisteramt wird er an diesem Sonntag bei den Kommunalwahlen in Bayern nicht mehr antreten. Der zweifache Vater, der von seiner Frau getrennt lebt, will raus aus seiner beschützten 6.500-Seelengemeinde, wo er groß geworden ist, wo er im Fußballverein ist und in der Freiwilligen Feuerwehr und wo er 2002 mit beinahe stalinistischen 76 Prozent im Amt bestätigt wurde. Gemeinsam mit seiner Vorstandskollegin Theresa Schopper will der 46-Jährige bei der Landtagswahl im September das Grünen-Ergebnis verbessern, 7,7 Prozent waren es 2003.

Schon vor seiner Rückkehr ins Rathaus Ende Mai 2007 nach seinem zweiten schweren Rückfall hatte er in einem Interview die Marschrichtung vorgegeben. Noch fühle er sich zwar nicht so kräftig, aber nach acht Monaten wolle er „jetzt endlich was tun“. Gerne würde er daran mitarbeiten, die CSU unter 50 zu drücken, sagte Daxenberger damals – und das will er ab Montag in Vollzeit umsetzen.

Für die CSU könnte das durchaus gefährlich werden. Daxenberger ist nicht nur ein Kämpfer, sondern eigentlich einer der ihren. Wertkonservativ, ein Querkopf, ein echter Bayer eben. Aber einer, der das Regieren gelernt hat. „Absolute Mehrheiten sind Gift fürs Klima“, ist seine Erfahrung. „Ich finde, es ist besser, wenn man mit Argumenten überzeugen muss.“ Meist habe er mit dieser Einstellung einstimmige Entscheidungen hinbekommen im Gemeinderat und Waging auf diese Weise langsam zu einem ökologischen und schuldenfreien Vorzeigeort gewandelt.

So viel Kraft und Standhaftigkeit überzeugt. Die bayerischen Bürger, die ihn nach Beckstein für den zweitsympathischsten Politiker halten. Und den politischen Gegner: Landtagspräsident und CSU-Vordenker Alois Glück hat Daxenberger mehrmals am Krankenbett besucht. Und Daxenberger findet: „Schwarz-Grün ist nicht unvorstellbar.“ MAX HÄGLER