Schwarz bleibt dran

VON COSIMA SCHMITT

Dies ist kein guter Tag für Hamburgs SPD-Kandidat Michael Naumann. Sein Ziel, Ole von Beusts CDU massiv Wählerstimmen abzujagen, hat er nicht erreicht. Mit 33,9 Prozent der Stimmen schneidet seine SPD zwar besser ab bei der letzten Wahl, wo sie sich mit 30,5 Prozent bescheiden musste. Für ein rot-grünes Bündnis in der Hansestadt reicht es aber bei weitem nicht. Offenbar haben die wahltaktischen Äußerungen von SPD-Chef Kurt Beck über die Wahl einer Ministerpräsidentin Andrea Ypsilanti mit Stimmen der Linken in Hessen der Hamburger SPD geschadet.

Besser sind die Aussichten für die CDU. Sie kann zwar die absolute Mehrheit, mit der sie zurzeit regiert, nicht verteidigen. Aber immerhin erhalten die Christdemokraten rund 43 Prozent der Stimmen. Ole von Beust kann nun aus starker Position heraus Koalitionsverhandlungen führen.

Möglich sind nach den 18-Uhr-Hochrechnungen zwei Bündnisse: entweder eine große Koalition aus SPD und CDU oder – zum ersten Mal auf Landesebene – ein schwarz-grünes Bündnis, über das seit Wochen spekuliert wird und auf das die Grünen in Hamburg noch gestern Abend keine Lust hatten.

Eine Sorge der Grünen hat sich also zerstreut. Sie hatten befürchtet, durch die auch in den Medien breit geführte Debatte über eine mögliche schwarz-grüne Alliance Wähler zu verschrecken. Schließlich sind diese, wie man aus Umfragen weiß, mehrheitlich Verfechter einer rot-grünen Koalition. Nun aber zeichnet sich ab, dass die Grünen zwar weniger Stimmen erhalten als 2004, als 12,3 Prozent der Wähler für sie stimmten. Dennoch bleiben mit knapp 10 Prozent genug Stimmen, um ein schwarz-grünes Bündnis komfortabel zu bilden. Auf große Begeisterung indes stößt diese Option derzeit nicht. Laut Umfragen können sich nur 26 Prozent der Hamburger für Schwarz-Grün erwärmen. 54 finden ein solches Bündnis schlecht. Eine große Koalition befürworten 32 Prozent der Befragten.

Einem rot-grünes Bündnis käme nach Stand um 18 Uhr lediglich auf rund 44 Prozent der Stimmen. Eine Koalition mit der Linkspartei aber hatte SPD-Kandidat Naumann vor der Wahl vehement ausgeschlossen. Könnten die Hamburger ihren Bürgermeister direkt wählen, stünde Naumann noch schlechter da. Ole von Beust könnten seinen Vorteil als amtierender Bürgermeister nutzen. Die Hälfte der Hamburger wünscht sich nach Umfragen, dass von Beust weiter im Amt bleibt. 40 Prozent sähen lieber SPD-Kandidat Naumann an der Spitze.

Zur Wackelpartie wird der Wahlabend für die FDP. Nach den ersten Hochrechnungen pendelt sie um die 5-Prozent-Marke. Schafft sie tatsächlich den Einzug in die Bürgerschaft, wäre das ein unerwartetes Comeback einer Partei, die sich bei der letzten Wahl mit kärglichen 2,8 Prozent abfinden musste. Für ein schwarz-gelbes Bündnis allerdings würde es nicht reichen.

Grund zum Jubeln hat die Linkspartei. Wie in den Prognosen vorhergesagt, schafft sie den Einzug in die Bürgerschaft. Nach der ersten Hochrechnung erhält sie immerhin 6,4 Prozent der Wählerstimmen. Nach Hessen und Niedersachsen gelingt ihr somit erneut der Einzug in ein westdeutsches Parlament. Das Muster der letzten Wahlen verfestigt sich: dass sich im Westen Deutschland nun ein Fünf-Parteien-System etabliert – und die gängigen Koalitionen abseits des rot-schwarzen-Bündnisses kaum mehr möglich sind.

Mehr als 1,2 Millionen Hanseaten waren am Sonntag aufgerufen, die neue Bürgerschaft zu wählen. Die Begeisterung indes hielt sich in Grenzen: Bis zum Nachmittag zeichnete sich eine eher geringe Wahlbeteiligung ab. Nach Angaben des Landeswahlleiters gaben bis 14.00 Uhr 44,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab; 2004 waren es um diese Uhrzeit 49,6 Prozent gewesen. Um 18 Uhr wurde dann deutlich, dass nur 62,5 Prozent ihr Wahlrecht auch tatsächlich genutzt hatten. Das ist die niedrigste Wahlbeteiligung, die es jemals in der Hansestadt gab. Vor vier Jahren hatte sie noch bei 68,7 Prozent gelegen. Insgesamt 14 Parteien mit 353 Kandidaten bewarben sich um die 121 Sitze im Rathaus. Seit 2004 regiert die CDU in Hamburg allein. Sie hatte bei den Neuwahlen nach dem Zerwürfnis mit dem damaligen Koalitionspartner, dem Rechtspopulisten Ronald Schill, mit 47,2 Prozent erstmals in Hamburg die absolute Mehrheit errungen.

Die Sozialdemokraten hatten in ihrer einstigen Hochburg ein Debakel erlebt. Entsprechend waren in der bisherigen Bürgerschaft die Christdemokraten mit 63 Sitzen vertreten, die SPD stellte 41 Abgeordnete und die Grünen 17.

Die künftige Zusammensetzung des Parlaments bestimmen die Hamburger nach einem neuen Wahlrecht. Erstmals können sie bei einer Landtagswahl kumulieren und panaschieren. Sie können also Stimmen anhäufen oder sie auf mehrere Kandidaten verteilen.