Kein Sieger an der Spitze

Der FC Bayern München ist in der Bundesliga im eigenen Stadion keine Macht mehr – trotzdem ist er mit dem 1:1 im Spitzenspiel gegen den HSV der 21. Meisterschaft wieder ein Stück näher gekommen

AUS MÜNCHEN SEBASTIAN KRASS

So richtig jubeln mochte im Moment des Schlusspfiffs keiner der Spieler. Doch der Applaus der Gästefans für ihre Mannschaft fiel deutlich lauter aus als der auf der anderen Seite. Sie waren mit dem Ergebnis schlicht zufriedener als die der Heimmannschaft. Der FC Bayern München trennte sich am Sonntagabend in der heimischen Arena vom Hamburger SV leistungsgerecht 1 : 1 (0 : 0). Die Bayern verpassten damit einmal mehr, sich mit einem Sieg gegen einen Verfolger deutlich von der Konkurrenz abzusetzen. Schon vor zwei Wochen hatten die Münchner gegen Bremen keinen Sieg zustande gebracht. Diesmal aber bauten sie ihren Vorsprung auf die zweitplatzierten Bremer immerhin um einen Punkt auf vier Zähler aus. Der HSV ist nun punktgleich mit Leverkusen Vierter.

Zwei Fragen hatten die Debatten vor der Partie bestimmt. Kehrt Franck Ribéry in die Bayern-Mannschaft zurück? Und spielt Rafael van der Vaart von Beginn an? Die Antworten lauteten: Nein und nein. Beide Trainer hielten ihre jeweils herausragenden Spieler offenkundig für noch nicht gesund genug. Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld vertraute die Ribéry-Vertretung Bastian Schweinsteiger und nicht dem anderen Kandidaten Toni Kroos an. Sein Amtskollege Huub Stevens schickte Paolo Guerrero von Beginn ans aufs Feld.

Die Partie begann ausgeglichen. Der HSV versteckte sich nicht wie viele andere Gastmannschaften rund um den eigenen Strafraum in der Hoffnung, irgendwie über die Runden zu kommen. Die Hamburger haben den Anspruch, eine Spitzenmannschaft der Liga zu sein. Dementsprechend beteiligten sie sich aktiv an der Aufgabe, einen unterhaltsamen Fußballabend zu gestalten. Es kam wenig dabei heraus. Die ersten großen Chancen hatten die Bayern, zunächst mit einem flachen Schuss aus 20 Metern von Zé Roberto (11.), dann mit einem Kopfball von Luca Toni (18.). Beide Male ging der Ball links am Tor vorbei.

Am vergangenen Wochenende hatten sowohl Schweinsteiger als auch Guerrero ihre Rolle als Lückenbüßer aufs Trefflichste ausgefüllt. Diesmal aber schafften sie es nicht, vergessen zu machen, an wessen Stelle sie auf dem Platz standen. In der 37. Minute eroberte Guerrero sich mit einer geschickten Körpertäuschung in der eigenen Hälfte den Ball und leitete einen gefährlichen Konter in Drei-gegen-zwei-Überzahl ein. Doch sein Pass auf den rechts mitgelaufenen Vincent Kompany war zu unpräzise. Die Chance verpuffte. Zur Strafe musste Guerrero sich unfreundliche Worte von Ivica Olic anhören, der sich links in Position gelaufen hatte. Die letzte Chance der ersten Hälfte hatte Bayerns Mark van Bommel. Doch dessen Flachschuss von halb rechts sauste zwischen Mit- und Gegenspielern hindurch – aber auch knapp am langen Pfosten vorbei.

Nach Wiederanpfiff begannen sowohl Ribéry als auch van der Vaart, sich aufzuwärmen. Während sie ihre Beine dehnten und die Hüften kreisen ließen, gewann die Partie an Intensität. Nach einem Zweikampf im Strafraum forderte Bayerns Christian Lell vehement Strafstoß – vergeblich. Das wiederum brachte van Bommel so auf, dass er dem Linienrichter die Meinung geigte. Dessen Vorgesetzter Lutz Wagner ließ seine Verwarnungskarte stecken. In dieser Phase ergaben sich für beide Mannschaften einige gefährliche Szenen. Doch es brauchte einen schlimmen Fehler Lucios, um das erste Tor einzuleiten. Bayerns brasilianischer Innenverteidiger vertändelte vor dem eigenen Strafraum den Ball gegen David Jarolim. Damit war die Abwehr der Münchner offen wie ein fachmännisch aufgebrochenes Stück Jagdwild. Jarolim legte den Ball nach innen zu Olic. Der behielt die Nerven und überwand Oliver Kahn, 0 : 1 (61.). Mit dem Anstoß für den FC Bayern war der Dienst für Schweinsteiger beendet. Er musste für Ribéry Platz machen.

Der fügte sich ein, als habe er nie gefehlt. Nach einem Einwurf der Bayern hatte die Abwehr des HSV den Überblick verloren. Der Ball landete bei Ribéry, der legte ihn sofort zurück auf Zé Roberto. Für den war es ein leichtes, den Ausgleich zu erzielen (66.). Rafael van der Vaart musste weiter zuschauen – bis zur 78. Minute. Der Niederländer kam für Olic ins Spiel. Doch er setzte keine Akzente mehr. Weil auch Luca Toni noch eine große Chance vergab, blieb es trotz einer hektischen Schlussphase, in der Mark van Bommel binnen zwei Sekunden zweimal verwarnt wurde und somit vom Platz musste, weil er dem Referee ironisch applaudiert hatte, beim Remis.