Das Beste fürs Kind

betr.: „Das Turbo-Abitur kracht. Einfach zu viel Stoff im ‚G 8‘“, taz vom 11. 2. 08

In Hamburg haben wir hinreichend Erfahrungen gesammelt mit den Auswirkungen des G 8 auf 10- bis 16-jährige Schüler, die dann in Klassenstärke nach der sechsten oder siebten Klasse verzweifelt Plätze an einer anderen Schulform suchen. Dennoch melden Eltern ihre Viertklässler – zumindest in den „nicht abgehängten“ Stadtteilen – mittlerweile zu 80 Prozent in der G 8 an mit der Begründung, so das Beste für ihr Kind zu tun. Akademikereltern, die nachmittägliches Herumtoben mit Freunden, Klavier- oder Fußballspielen für wichtiger für das Kindeswohl halten als das Turbo-Abitur und ihre Kinder an der neunjährigen Gesamtschule anmelden, werden belächelt oder mit Unverständnis betrachtet, weil dort ja nur die „Versager“ oder gar die „Chaoten“ hingehen.

Auch unser Bürgermeister scheint dieser Ansicht anzuhängen. Bei (dank CDU-Bildungspolitik) zehn Prozent weniger Lehrerstunden an den Gesamtschulen bleibt tatsächlich wenig Zeit für individuelle Förderung, Sozialarbeit, Integration von demotivierten Gymnasialrückläufern bei häufig fehlenden mitziehenden Vorbildern. Man kann sich lebhaft ausmalen, wie das von der CDU geplante Zweisäulenmodell diese Situation verschärfen wird!

Übrigens die nächste überhastete Auslese-Aktion wurde von der Kultusministerkonferenz gerade beschlossen: das neue Abitur ab 2001 mit mindestens 34 Wochenstunden für die Oberstufenschüler, fünf Abiprüfungsfächern, davon Deutsch und Englisch auf Leistungskursniveau, Mathematik wahlweise hohes oder mittleres Niveau – das war’s dann zum Beispiel für Mathe- und Naturwissenschaftgenies mit Legasthenie-Hintergrund.

BIRGIT JOOST, Hamburg