Die erste große Neuerung

Der erste Text im ersten „Spiegel“ unter der neuen Chefredaktion ist anders als sonst: Er ist selbstkritisch

Gleich nach der Herrenmode-Werbung informiert der neue Spiegel, der erste nach der Freistellung von Chefredakteur Stefan Aust, über Erstaunliches: Letzte Woche hat kein Redakteur einen Preis erhalten oder wenigstens Großes geleistet.

Das Editorial „Hausmitteilung“ ist der Platz, an dem sich der Spiegel selbst den roten Teppich ausrollt. Hier steht es, wenn Redakteur Gabor Steingart einen Journalistenpreis erhält, der Spiegel 60 wird oder der NDR eine RAF-Dokumentation von Spiegel-Chef Aust ausstrahlt. In der aktuellen Hausmitteilung aber heißt es nun: „In der Findungsphase (der neuen Chefredaktion; d. Red.) und bei den Umständen der Beurlaubung von Chefredakteur Stefan Aust, 61, hat der Spiegel nicht immer geschickt agiert – das hätten wir besser machen können.“

Der intern in die Kritik geratene Spiegel-Geschäftsführer Mario Frank hatte schon auf einer Betriebsversammlung letzte Woche Fehler eingeräumt. Daraufhin hatte auch der eine oder andere Insider öffentlich Selbstkritik an Mario Frank geübt. Der neue „Hausmitteilungs“-Stil aber ist die erste spürbare Neuerung unter Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo: Selbstkritik ist nun auch offiziell öffentlich möglich. RAA