Verdacht auf Zwangsarbeit

Die umstrittenen „Ein-Euro-Jobs“ in Hamburg stehen auf dem Prüfstand: Das Sozialgericht gewährt einem Arbeitslosen Prozesskostenhilfe, der die zwangsweisen Dienstverpflichtungen für rechtswidrig hält

Die umstrittenen „Ein-Euro-Jobs“ in Hamburg stehen auf dem Prüfstand: Das Hamburger Sozialgericht hat dem Arbeitslosen Thomas M., der von der Bundesagentur für Arbeit wiederholt zur Aufnahme von Ein-Euro-Jobs verpflichtet worden war, für eine Grundsatzklage Prozesskostenhilfe gewährt. Das tut das Gericht nur, wenn es einer Klage eine „hinreichende Erfolgsaussicht“ einräumt.

In seiner gegen die Stadt Hamburg gerichteten Klage beruft sich M. darauf, dass diese Art der „sozialrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse“ gegen das von der „Internationalen Arbeitsorganisation“ (ILO) formulierte Verbot der Zwangsarbeit verstoße. Die ILO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die Arbeits- und Sozialnormen für Regierungen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände aufstellt und die Globalisierung durch Schaffung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen begleiten will.

Ferner liegt nach Auffassung des Klägers in dieser Art „Dienstverpflichtung“ ein Verstoß gegen Artikel 4 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vor, die die Bundesrepublik ratifiziert habe. „Da die Tatsache der Beschäftigung meines Mandanten im Rahmen so genannter ‚Ein-Euro-Jobs‘ an Einrichtungen der Stadt unstreitig ist“, so Ms. Anwalt Rolf Geffken, „geht es in dem Verfahren ausschließlich um die Klärung der grundsätzlichen Frage, ob die Zuweisung dieser Art Tätigkeit rechtswidrig war.“ Thomas M. war zwischen August 2005 und Juni 2006 unter Androhung von Leistungskürzungen verpflichtet worden, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hilfstätigkeiten in Projekten zu verrichten. Da er eine Ausbildung als Soziologe hat, verlangt er nun eine Entschädigung. Mittlerweile beschäftigt die Uni keine Ein-Euro-Jobber mehr.

Da das Sozialgericht die Erfolgsaussichten der Klage bejaht habe, ist Geffken zuversichtlich: „Es ist davon auszugehen, dass das Gericht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die bisherige insbesondere von Hamburg genutzte Praxis als grundsätzlich rechtswidrig einstuft.“ Dies möchte der Sprecher des Sozialgerichts, Claus-Dieter Loets, so nicht bestätigen. Aus der Gewährung der Prozesskostenhilfe könne nicht automatisch geschlossen werden, dass das Gericht die Rechtsauffassung des Klägers teilt, so Loets: „Es kann auch sein, dass die Zuweisungen der Ein-Euro-Jobs aus anderen Gründen rechtswidrig war.“

Die Hamburger Behörde für Arbeit äußert sich nicht. „Zu einem laufenden Verfahren geben wir keine Auskunft“, so Sprecher Peter Kleinort. Wann das Sozialgericht in der Hauptsache entscheidet, steht noch nicht fest.

KAI VON APPEN