blutgruppenwechel
: Wandernde Stammzellen

Für die Ärzte der Westmead-Kinderklinik in Sydney ist es eine Sensation: Nach einer Lebertransplantation hatte die neunjährige Demi-Lee Brenner plötzlich eine ganze andere Blutgruppe. Vor der Transplantation hatte die Australierin Blutgruppe 0 Rhesus negativ, danach stellten die Ärzte plötzlich fest, dass aus dem Rhesusfaktor negativ ein „positiv“ wurde – das ist die Blutgruppe des Organspenders. Das Mädchen sei mittlerweile 15 Jahre alt und habe die Lebertransplantation gut überstanden; sie werde lediglich noch ambulant behandelt, berichtet das Fachmagazin The New England Journal of Medicine in der aktuellen Ausgabe. Dieser Blutgruppenwechsel sei „äußerst ungewöhnlich“, so der behandelnde Arzt Michael Stormon. „Wir sind total verblüfft und auch verwirrt.“ Denn: „Uns ist kein anderer Fall bekannt, bei dem das passiert ist“. Michael Stormon vermutet, dass eine Entzündung nach der Transplantation der Auslöser für den Blutgruppenwechel war. Dadurch konnten Stammzellen aus der neuen Leber in das Knochenmark einwandern und sich von dort ausbreiten. Neun Monate nach der Operation stellten die Ärzte die neue Blutgruppe fest. Auch das Immunsystem hatte sich angepasst. Normalerweise haben Organempfänger mit einem gegenläufigen Prozess zu kämpfen: Das Immunsystem des Körper reagiert mit Abwehr und versucht das fremde Organ abzustoßen. Jetzt wollen die Ärzte herausfinden, ob dieser ungewöhnliche Fall zu neuen Erkenntnissen führt, die bei Transplantationen genutzt werden können.

WOLFGANG LÖHR