Bremen wird weniger

Ein dickes Zahlenwerk verrät viel über Bremens demografischen Wandel und soll Grundlage für die Politik werden. Senator Reinhard Loske will sich zum Beispiel dem barrierefreien Bauen widmen

Von Felix Zimmermann

Das Stichwort vom „demografischen Wandel“ macht schon länger die Runde, oft als Horrorszenario eines aussterbenden Landes. Jetzt ist es auch in Bremen angekommen – als dickes Zahlenwerk, zum 254-Seiten-Wälzer gebunden vom Ressort für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa und laut Senator Reinhard Loske (Bündnis 90/Grüne) eine „wichtige Entscheidungsgrundlage für bremische Politik für die nächsten Jahrzehnte“.

Politik gibt gerne vor, in langen Linien zu denken und zu handeln, was Loske sagt, muss also noch nichts heißen. Aber das Werk namens „Bremen im demographischen Wandel 1984 bis 2005“, das der Senator gestern vorstellte, enthält Vieles, was Politik in Bremen unausweichlich bestimmen wird. Sämtliche Zahlen stammen vom Statistischen Landesamt und sparen Bremerhaven aus, weil ausgerechnet die demografisch gebeutelte Stadt von eigenen Statistikern erfasst wird und sich nicht an diesem Zahlenwerk beteiligen wollte.

Also nur die Stadt Bremen in Zahlen, betrachtet von 1984 bis fast heute, aus denen Loske, Detlev Söffler als Projektleiter aus dem Bausenat und Günter Warsewa vom Institut für Arbeit und Wirtschaft drei Grundsätze ablesen: Demnach werde Bremen älter, bunter und nach und nach schrumpfen. Das ist nicht überraschend, denn davon geht die Demografie so oder so ähnlich für die Bundesrepublik ganz allgemein aus. Aber so detailliert, wie es dieser Bericht für Bremen beschreibt, stellt er den ersten Teil eines Dreischritts dar, dem im Februar ein demografischer Blick bis 2020 folgen soll. Daraus sollen in einem Workshop Handlungsfelder definiert werden, die Loske zur Grundlage der Politik machen will.

Seit 1984 ist das Durchschnittsalter gestiegen, es gibt weniger Kinder und mehr ältere Menschen, zunehmende Migration und Verschiebungen in der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung „führen zu Konsequenzen, die alle gesellschaftlichen Themenbereiche betreffen“, schreibt Loske im Vorwort der Studie – und sie alle berühren vor allem sein Ressort. Klimaschutz, Baulandpolitik und Verkehrslenkung sind die Bereiche, auf die sich die demografische Entwicklung auswirken wird.

Ein Schwerpunkt werde „barrierefreies Bauen“ sein, was mit dem Alterungsprozess Bremens zu tun hat. Laut Statistik hat der Anteil der Menschen im Rentenalter im Beobachtungszeitraum um 2,5 Prozentpunkte zugenommen, 110 älteren Menschen (65 Jahre und älter) stehen 100 jüngere Menschen (bis 20 Jahre) gegenüber. Die Zunahme dieses so genannten Aging-Indexes zwischen 1984 und 2005 betrug 27,8 Prozent.

Stark verändern wird sich laut Loske die Nachfrage nach Kindergärten und Schulen, nach Sportplätzen und Gräbern auf Friedhöfen.

Der Senator sieht in dem Zahlenwerk aber auch den immer stärker werdenden Wettbewerb aller Kommunen um Einwohner und hoch qualifizierte Menschen. An dieser Stelle scheint ihn die Studie zu beruhigen, die Bremer Bevölkerungszahl sei stabil. Die Zahlen verrieten, dass Bremen gerade für junge Menschen im Ausbildungsalter attraktiv sei. Wie sich das weiter entwickeln wird, soll die Zukunftsperspektive zeigen, die im Februar veröffentlicht wird.