Auf dem Rad in den Wahlkampf

Hamburgs Radfahrer können aufatmen: Der Senat will die Stadt radlerfreundlicher machen. Den Fahrradverband ADFC freut’s, die Opposition spricht von Wahlkampftaktik und Ideenklau

VON CLAAS GIESELMANN

„Hamburger sind ganz sicher nicht bewegungsfauler als die Einwohner anderer Städte. Es gibt ein enormes Potential für das Radfahren in dieser Stadt.“ Was die Radfahrer der Hansestadt schon seit geraumer Zeit wissen, hat nun offenbar auch Stadtentwicklungssenator Axel Gedaschko (CDU) erkannt. Und will dieses „Potential“ nun freisetzen – wie genau, das steht in der neuen Radverkehrsstrategie des Senats, die am Freitag präsentiert wurde.

Kerninhalte des Papiers sind die Verdoppelung des Radwegeanteils in der Stadt, die Instandsetzung wichtiger Routen, bessere Parkmöglichkeiten für Fahrräder und eine Reduzierung der so genannten „Bettelampeln“, die nur auf Knopfdruck umschalten. Insgesamt will der Senat in diesem Jahr 4,8 Millionen Euro investieren.

Entwickelt wurde das Konzept von einem eigens ins Leben gerufenen „Fahrradforum“, an dem neben Stadtverwaltung und Bürgerschaftsfraktionen auch der Hamburger Verkehrsverbund, der Fahrradverband ADFC und weitere Verbände teilnahmen. „Unser Vorbild ist das ‚Fahrradforum Kiel‘, in dem seit 20 Jahren über alle Legislaturperioden hinaus konstruktiv zusammengearbeitet wurde“, sagt Stefan Warda vom ADFC. Dieser begrüße die Radverkehrsstrategie ausdrücklich.

Misstöne kommen hingegen aus den Reihen der Opposition. SPD und GAL kritisierten Gedaschkos Strategie: Diese komme Jahre zu spät und sei außerdem zu weiten Teilen an das sogenannte „Veloroutenkonzept“ angelehnt, das noch unter Rot-Grün entwickelt worden war. Dieses Konzept zum Ausbau des Radwegenetzes wurde 2001 gestrichen – von der Koalition aus CDU, FDP und Schill-Partei.

„So richtig die meisten Inhalte der Radverkehrsstrategie sind – nach Jahren der Enthaltsamkeit der CDU bei diesem Thema klingt dies alles nur nach Wahlkampf“, sagt Jan Quast, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Der verkehrspolitische Sprecher der GAL, Jörg Lühmann, spricht gleich von einer „Achterbahnfahrt“ der Christdemokraten: „Zunächst wurde alles gestoppt, zwischenzeitlich erreichte die CDU den absoluten Tiefpunkt mit lediglich 200.000 Euro für den Fahrradverkehr in der gesamten Stadt im Jahr!“ Die GAL begrüßte die nun vorgelegten Ergebnisse dennoch – als Bestätigung grüner Forderungen.

Dass das Thema Radfahren in den vergangenen Jahren oft stiefmütterlich behandelt wurde, kann auch Senator Gedaschko nicht leugnen. Einen Zusammenhang mit der Regierungsbeteiligung der CDU stellt er gleichwohl nicht her: „Viele Ansätze sind in der Vergangenheit einfach versandet. Den Antrag der Bürgerschaft haben wir deshalb gern angenommen.“

Hamburgs Radwege waren im Jahr 2005 ins Interesse gerückt, nachdem der ADFC dem hiesigen Radverkehrssystem ein katastrophales Zeugnis ausgestellt hatte. Im damaligen„Fahrradklimatest“ war die Stadt unter den deutschen Großstädten das Schlusslicht.