hamburger szene
: Kein Rauch ohne Feuer

Ein unsicheres Lächeln huscht über das Gesicht von Dr. Dietrich Wersich. Ob die Frage jetzt wirklich ernst gemeint sei, will der Staatsrat der Hamburger Gesundheitsbehörde wissen. Ja. Ach so, sagt er zögerlich, und fügt nach längerer Pause mit entwaffnender Offenheit hinzu: „Nein, dazu fällt mir nicht wirklich etwas Kluges ein.“

Wersich war Augenzeuge eines Rechtsbruchs geworden. In seiner Gegenwart wurde geraucht. Öffentlich, in einem Hamburger Theater. Am Sonntag, auf der Neujahrsmatinee in der Komödie Winterhuder Fährhaus, saß ein älteres Ehepaar in der Reihe vor dem Christdemokraten und qualmte. Und zwar Kette, wie immer. Sie „Auslese deluxe“, er „Reyno Menthol“.

Loki (88) und Helmut (89) Schmidt paffen, wo und wann und wie viel sie wollen. Sie dürfen das. Zumindest wagt es niemand, ihnen das zu verbieten. Wer wollte Schuld daran sein, wenn die beiden nach siebeneinhalb Jahrzehnten ungehemmten Tabakkonsums nunmehr an Nikotinmangel erkranken würden? In dem Alter ist damit gewiss nicht zu spaßen.

Dachte sich auch der halb so alte Wersich, leidenschaftlicher Nichtraucher, promovierter Mediziner und oberster Exekutor jener Behörde, deren Anliegen der Schutz von Nichtrauchern vor Rauchern ist. Für die Einhaltung von Gesetzen aber, reicht Wersich schließlich spitzbübisch lächelnd den Schwarzen Peter weiter, sei die Innenbehörde zuständig. Auf der Matinee sei auch der Polizeipräsident zugegen gewesen, der habe aber offenbar keinen Handlungsbedarf gesehen.

Die Frage an Nämlichen, ob er in Hamburg etwa rechtsfreie Räume dulde, hat die taz ihm erspart. SVEN-MICHAEL VEIT