nebensachen aus jakarta
: 2 Dollar für ein Computerprogramm oder Copyright auf Indonesisch

Skurriles trägt sich zu in Indonesien. Das Copyright ist plötzlich in aller Politiker Munde. Angefangen hatte die Gesundheitsministerin, die das Copyright an diversen, in Indonesien auftretenden Formen der Vogelgrippe für ihr Land reklamierte. Sie fürchtete, die Proben, die sie an die Weltgesundheitsorganisation schickte, könnten dort für kommerzielle Zwecke missbraucht werden, ohne dass korrupte indonesische Beamte den gewohnten Schnitt dabei machen könnten.

Kaum war die Aufregung über das Copyright an den Erregern der Vogelgrippe abgeklungen, erregte sich die Nation über ein Video aus Malaysia. Dort hatten die Tourismusbehörden ein Volkslied und einen Maskentanz in Werbesendungen eingebaut, die aus Indonesien stammen sollen.

Lautstark demonstrierten aufgebrachte Indonesier und schrien: „Das ist unser Tanz.“ Zwar überflutet das steigende Meerwasser zunehmend weitere Teile Jakartas, weil die Schutzdämme zu lange vernachlässigt wurden; zwar warten tausende Dorfbewohner aus Zentraljava, deren Heime infolge von Fehlern bei Ölbohrungen von Schlamm überflutet wurden, noch auf Entschädigung und neue Arbeitsplätze; zwar kannte bis dahin kaum ein Javaner den chinesischen Maskentanz, der unter dem 1998 gestürzten Diktator Suharto jahrzehntelang verboten gewesen war. Doch Indonesiens Abgeordnete hatten tagelang nur ein Problem: Wie sollte Indonesien auf diesen schnöden Kulturraub antworten?

Dann berichtete der Discovery Channel über Dede, einen 37-jährigen Indonesier, dessen Extremitäten infolge einer fortgeschrittenen Erkrankung dermaßen verwarzt sind, dass seine Haut wie Baumrinde aussieht. Verursacht wurde die Deformation von einem sehr seltenen Herpes-Virus, wie der vom Discovery Channel beauftragte Dermatologe Anthony Gaspari von der Uni Maryland feststellte. Gaspari war bereit, Dede in den USA zu behandeln. Zwar hatte sich in Indonesien bislang niemand um den „Baummann“ gekümmert, doch nun begannen sich sogar Politiker für den außergewöhnlichen Fall zu interessieren. Die Gesundheitsministerin verdächtigte Gaspari sofort, „illegal“ Proben genommen zu haben, und fürchtete, er könnte kommerziellen Nutzen daraus ziehen. Schließlich wies der Präsident seine Gesundheitsministerin an, den Fall Dede zu übernehmen.

Tatsächlich interessiert das Copyright in Indonesien niemanden – zumindest solange es nicht indonesisch ist. In indonesischer Werbung ist von Beethoven bis zu den Beatles die Musik nahezu jedes ausländischen Komponisten zu hören, und wenn’s denn der Werbung dient, wird auch mal ein bayerischer Schuhplattler gezeigt. Überall in Einkaufszentren und auf Märkten sind die Raubkopien der neuesten Filme, die noch nicht einmal im Kino angelaufen sind, für 6.000 oder 7.000 Rupiah zu kaufen (50 bis 60 Cent). 500, 600 oder gar 700 Dollar für ein Fotoshop-, ein Buchführungs- oder ein Designprogramm zu bezahlen fiele in Indonesien niemandem ein. Die Raubkopien dieser Computerprogramme sind für 1 bis 2 Dollar ebenfalls überall erhältlich. ARMIN WERTZ