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Beim 22. Hallen-Fußballturnier in Hamburg enttäuschte der Titelverteidiger FC St. Pauli auf ganzer Linie. Funktioniert hat dagegen das Prinzip Hallenfußball: Aus der Nähe ließen sich Stars wie Marcelinho vom VfL Wolfsburg begutachten

„Das war ein enttäuschender Auftritt, man möchte fast sagen: Dem FC St. Pauli unwürdig.“ Horst Peterson will das Ausscheiden „seines“ Vereins nicht schönreden. Der Organisator des internationalen Hamburger Hallen-Fußball-Turniers ist seit 50 Jahren Vereinsmitglied – und als solches auch Fan, daraus macht er keinen Hehl.

Dennoch: Wichtiger noch als das Abschneiden von St. Pauli ist ihm der reibungslose Ablauf des Hallenturniers. Seines Hallenturniers. Seit 1987 organisiert der 72-Jährige die Veranstaltung in der Alsterdorfer Sporthalle. „Weder der HSV noch der FC St. Pauli wollten damals ein Hamburger Hallenturnier auf die Beine stellen. Aber ich hab es einfach gemacht und bewiesen, dass es funktioniert.“

Auch mehr als zwei Jahrzehnte später gibt der Erfolg Horst Peterson noch recht: Je rund 3.800 Zuschauer kamen am 4. und 5. Januar in die Sporthalle im Norden Hamburgs, um Mannschaften wie das Team Croatia (Kroatien), Fredikstad FK (Norwegen), Trelleborgs FF (Schweden) oder den VfL Wolfsburg zu sehen. Und natürlich den FC St. Pauli, denn „lokale Mannschaften sind bei solchen Turnieren wichtig“, sagt Peterson.

Warum der HSV auch in diesem Jahr nicht mitspielte, kann er aber nicht erklären. Es müsse eigentlich „selbstverständlich“ für eine große Hamburger Mannschaft sein, hier anzutreten. Doch Erstligisten seien sowieso problematisch: „Zu teuer, zu wenig Zeit. Und dann schicken sie nur ihre Reservemannschaften.“ Umso mehr freut sich Peterson über die Teilnahme des VfL Wolfsburg, der mit 20 Spielern seines Profikaders angereist ist – darunter auch Marcelinho, um den sich bei jedem Einlaufen in die Halle sofort eine Menschentraube bildet.

„Das ist das Schöne an Hallenturnieren, man hat einfach mehr Kontakt zu den Zuschauern“ erklärt Timo Schultz, Mittelfeldspieler des FC St. Pauli. Da der Kiezclub aber mit drei Niederlagen aus vier Spielen nach der Gruppenphase ausschied, mussten die Zuschauer auf den Kontakt zu Schultz und seinen Teamkollegen ab der Endrunde verzichten. Nach dem vierten Gruppenspiel verließen viele Fans des FC St. Pauli am Samstag verfrüht die Alsterdorfer Sporthalle. Sie verpassten dadurch zwei packende Halbfinalpartien, aus denen das Team Croatia und der VfL Wolfsburg als Finalisten hervorgingen.

Vor sich langsam leerenden Rängen lief der VfL Wolfsburg einer frühen Führung durch das Team Croatia vergeblich hinterher. Die kroatische Auswahl gewann mit 1 : 0 und holte damit nach 2005 und 2006 zum dritten Mal den Turniersieg.

Vor dem Finale stand aber dann der Mann aus dem Hintergrund im Mittelpunkt: Für seine 50-jährige Vereinsmitgliedschaft erhielt Horst Peterson eine offizielle Ehrung des FC St. Pauli. Und an einer Hallenwand war auf einem Spruchband der Fangruppe Ultrà Sankt Pauli zu lesen: „Lieber Horst, wir danken dir… für dieses Highlight – dein Turnier!“ Claas Gieselmann