Retuschiert und malträtiert

Wie man mit kitschigen Hundefotos die Welt verschlechtert

Natürlich darf man Hundebays fotografieren! Schläft er, hat der Fotograf die größte Chance, den kleinen Hund wenigstens in seiner halben Babyschönheit auf einem Bild zu fixieren. Schläft er nicht, sondern tobt mit aller Welpenkraft umher, fallen die Bilder vom tapsigen Ungestüm, die den Beobachter in natura so oft zum quietschenden Idioten machen, so gut wie immer enttäuschend aus. Man sieht nur die Spitze vom Eisberg, der im Fall eines jungen Hundes eher einem kleinen Vulkan oder Heißwassergeysir auf Island vergleichbar ist …

Resümee: Man kriegt junge Hunde – für Katzen gilt dasselbe, nur in noch größerem Maß – sehr schwer so aufs Bild, wie sie wirklich sind, aber auch nicht so, wie sie sich im Gemüt des Menschen spiegeln. Die Dilemmata der Tier-, insbesondere der Tierbabyfotografie werden in der Regel von Profis (große Ausnahme: William Wegman, abschreckendes Beispiel: Elliot Erwitt) mit herablassender Ironie oder Kitsch umgangen.

Letzteren Weg geht die neuseeländische Fotografin Rachael Hale. Ihre Profidevise scheint zu lauten: Wenn Hundebabys süß sind, kann der Sentimentalität mit Geschmacksverstärkern doch noch einmal nachgeholfen werden. Ihre Welpen schweben in einem rosa Nirgendwo, wie nicht auf der Erde, auch wenn in einem kleinen Anhang zur Entstehungsgeschichte des Buchs und zur Persönlichkeit der Hunde die Rede von Wiesen und Bauernhöfen und Bezugspersonen ist. Dankesworte gelten dort, neben Züchtern, auch Retuscheuren, Requisiteuren und Assistentinnen. Großäugig, anrührend kopflastig, dekorativ und natürlich tipptopp sauber sind die Babys von der Kamera erfasst.

Eine ganze Reihe wurde mit Hütchen, Schals oder Blümchen auf Postkartenniveau gehievt – Kitschpostkarten. Welchen Sinn es haben soll und wie es der Fotografin gelungen ist, vier Welpen gleichzeitig auf ein Skateboard zu praktizieren und dort festzuhalten, ist mir ein Rätsel.

Die Lösung findet sich vielleicht in Hinweisen auf Welpen von weniger als vier, fünf Wochen, die der Fotografin als „absolut wohlerzogen“ imponieren. Wurden die Viechlein misshandelt oder vor dem Fototermin mit Tranquilizern gedopt? Die Ästhetik der Hundefotos von Hale erinnert jedenfalls an Zeiten, in denen Menschenbabys zwar auf Eisbärfellen drapiert, ansonsten aber als Feinde der zivilisierten Menschheit behandelt wurden.

KATHARINA RUTSCHKY

Rachael Hale: „101 Hundekinder“. Aus dem Englischen von Christian Kennerknecht. Knesebeck Verlag, München 2007, 160 S., 19,95 Euro