Ex-SS-Mann vor Gericht

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Oskar Gröning war im Vernichtungslager Auschwitz für das Gepäck der Verschleppten zuständig. Ab Dienstag muss sich der frühere SS-Unterscharführer vor dem Lüneburger Landgericht wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 300.000 Menschen verantworten. „Der Angeklagte bestreitet nicht, in Auschwitz gewesen zu sein“, sagte eine Sprecherin des Landgerichts. Dieses Eingeständnis könnte das Verfahren vereinfachen.

70 Jahre nach Kriegsende schauen sich die Ermittler der zentralen NS-Fahndungsstelle noch einmal gezielt Altfälle an – wie den von Gröning. Hintergrund ist eine Entscheidung des Landgerichts München im Fall John Demjanjuk. Der inzwischen gestorbene frühere Wachmann im Vernichtungslager Sobibor wurde 2011 wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 28.000 Juden zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Erstmals verurteilte ein deutsches Gericht einen Beschuldigten für ein NS-Verbrechen, ohne dass ihm persönlich Mord nachgewiesen werden musste. Für den Schuldspruch reichte aus, dass Demjanjuk Diensthabender im Lager war.

Dem Verfahren gegen Gröning haben sich 67 Nebenkläger mit 14 Nebenklagevertretern angeschlossen. „Sie hoffen auf ein Wort der Entschuldigung oder der Einsicht“, sagte einer der Anwälte, der 30 Nebenkläger vertritt.

Die Staatsanwaltschaft Hannover wirft Gröning vor, Geld aus dem Gepäck angekommener Häftlinge genommen und an die SS in Berlin weitergeleitet zu haben. Allein vom 16. Juni bis 17. Juli 1944 trafen mindestens 137 Züge mit rund 425.000 Menschen aus Ungarn in Auschwitz-Birkenau ein. Gröning habe das gewusst, sagt die Staatsanwaltschaft und der heute 93-Jährige habe durch seine Arbeit im Lager versucht, die „Spuren der Massentötung für nachfolgende Häftlinge zu verwischen“.  AS